Reisen ohne Geld-zurück-Garantie

Machen politische Unruhen Urlaubern einen Strich durch die Rechnung, bekommen sie nicht immer den vollen Reisepreis erstattet

„Ab nach Ägypten“ hieß es noch vor kurzem für viele Deutsche. Wegen der dortigen politischen Unruhen heißt es jetzt „Ab auf die Kanaren“. Immer wieder bringen Terroranschläge, Naturkatastrophen oder Tumulte die Pläne von Urlaubern durcheinander. Mal sagt ein Veranstalter wegen Vulkanasche im Luftraum den Wellness-Trip, mal tritt der Reisende aus Angst vor einem Attentat vom Vertrag zurück.

Doch wie sieht es dann mit den Kosten aus? Bleiben Touristen auf den Ausgaben für Flug und  Unterkunft sitzen? Oder bekommen sie das Geld vom Veranstalter zurück? Eine einheitliche Antwort darauf gibt das Reiserecht nicht her. Ob der Preis zurückerstattet wird, hängt unter anderem davon ab, wie gravierend sich die Vorfälle im Zielland gestalten und ob die Reise pauschal gebucht oder individuell zusammengestellt ist.

Pauschalreisen können sowohl Veranstalter als auch Reisende unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. „Möglich ist das zum Beispiel bei höherer Gewalt wie etwa bei Naturkatastrophen, Kriegen oder extremen politischen Unruhen“, sagt die Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) in Kiel Andrea Sack. Immer wieder beschäftigen sich Gerichte damit, welche Vorfälle unter dem Begriff der „höheren Gewalt“ zu verstehen sind. Grob genommen zählen Ereignisse dazu, die von außen kommen, unvorhersehbar und vom Veranstalter nicht abwendbar sind.
„Dringende Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes können ein wichtiges Indiz höhere Gewalt sein“, so Sack. Jedoch berechtige eine Reisewarnung an sich noch nicht per se zur Kündigung.

Eine Vielzahl von Einzelentscheidungen zu Fragen höherer Gewalt gibt es inzwischen. Verallgemeinern lassen sie sich kaum. So handelt es sich bei einzelnen Terroranschlägen beispielsweise nicht um Fälle höherer Gewalt, die eine Vertragskündigung rechtfertigen.
Anders sieht es aus, wenn Touristengruppen in einem bestimmten Urlaubsgebiet immer wieder von Anschlägen bedroht werden.

Sowohl Verbraucherschützer als auch Juristen stufen die derzeitigen Gewaltausschreitungen in Ägypten als höhere Gewalt ein. Und viele Reiseanbieter haben inzwischen beschlossen, ihre Verträge mit Abreisen bis Mitte Februar aktiv zu kündigen. Pauschaltouristen mit Abreiseterminen bis Ende Februar können bei vielen Veranstaltern kostenlos umbuchen. Für Urlauber, die Flug und Hotel separat gebucht haben und angesichts der Lage im Land lieber auf eine Reise dorthin verzichten möchten, wird es schwieriger. „Hier entscheiden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ob
eine kostenlose Stornierung möglich ist“, erläutert EVZ-Reiserechtsexpertin Sack. Viele Anbieter geben spezielle Hotlines auf ihren Internetseiten an, über die der Kunde erfährt, unter welchen Bedingungen Kündigungen möglich sind und wie viel Geld zurückerstattet wird.

Rund 30.000 Urlauber deutscher Reiseveranstalter halten sich nach Schätzungen des Deutschen Reiseverbands (DRV) derzeit in den Baderegionen rund um das Rote Meer in Ägypten auf. Die Mehrzahl bleibt vor Ort. „Nur eine Handvoll reist vorzeitig zurück“, so DRV-Sprecher Torsten Schäfer. Schließlich seien die Bade- und Urlaubsgebiete weit abgelegen von den Unruhezentren.

Die meisten Touristen, die eine Reise nach Ägypten gebucht hatten, wollen weiterhin verreisen. Sie entscheiden sich entweder für einen späteren Reisezeitraum oder für ein anderes Ziel. „Viele haben Urlaub bei ihrem Arbeitgeber eingereicht und können nicht zu einem anderen Zeitpunkt fahren“, beobachtet Stefan Suska, Sprecher beim Veranstalter Alltours. Umbucher würden sich dann in der Regel für die Kanaren, die Malediven oder die Dominikanische Republik oder die Türkei entscheiden.

Wie sich Reisen nach Ägypten entwickeln werden, bleibt abzuwarten. „Die Buchungen stehen und fallen mit der politischen Entscheidung“, erläutert Suska. Ob es in Zukunft wieder mehr Urlauber in das Land am Roten Meer zieht, lässt sich im Moment also nur schwer vorhersagen. Prognosen für andere Urlaubsziele fallen da leichter. Sowohl Reiseanbieter Tui als auch Alltours beobachten ein Comeback für Mallorca. Hatte die Wirtschaftskrise vielen Deutschen in den vergangenen zwei Jahren noch davon abgehalten, Sonne auf der Partyinsel zu tanken, boomt das Reiseziel wieder. Und auch Griechenland holt auf. Die verheerenden Waldbrände der Vergangenheit sind vergessen: Es wird wieder gebucht.