Discount-Kette könnte ihren Zuliefer-Arbeiterinnen bessere Löhne zahlen. Kampagne für Saubere Kleidung kritisiert kärgliche Bezahlung und extrem lange Arbeitszeiten
Wie Aldi-T-Shirts in Bangladesch produziert werden, weiß Khorshed Alam sehr genau. „Die meist weiblichen Beschäftigten arbeiten bis zu 100 Stunden pro Woche und können dennoch von ihren kargen Löhnen kaum leben,“ sagt Alam. Im Auftrag der Kampagne für Saubere Kleidung hat der Arbeitsrechtler kürzlich zehn Bekleidungsfabriken in Bangladesch besucht und mit den Arbeiterinnen gesprochen. Nun reist er durch Deutschland, um die Öffentlichkeit über den Preis der Aldi-Produkte zu informieren.
100 Stunden pro Woche? Das macht im Durchschnitt 14 Stunden täglich an der Nähmaschine in der Fabrik, auch Samstag und Sonntag. Diese Arbeitszeit ist weit mehr, als das Arbeitsgesetz in Bangladesch erlaubt, erklärt Alam. Der Lohn für diese quasi ununterbrochene Schufterei beläuft sich seinen Recherchen zufolge auf maximal 8.500 Taka, was etwa 78 Euro im Monat entspricht. Stundenlohn: umgerechnet rund 20 Euro-Cent. Davon könne eine vierköpfige Familie selbst in Bangladesch nicht leben, sagen Gisela Burckhardt und Sandra Dusch Silva von der Kampagne für Saubere Kleidung.
Wie könnte man das ändern? Aldi müsste seine Zulieferer verpflichten, den Arbeiterinnen höhere Löhne zu zahlen. Weil der Lohnanteil am Preis eines 4,95-Euro-T-Shirts vielleicht 13 Cent beträgt, würde selbst die Verdoppelung der Bezahlung den Verbraucherpreis kaum erhöhen. Aldi könnte seine Billigstrategie fortsetzen, müsste allerdings eine gewisse Einbuße bei der Gewinnmarge hinnehmen. Statt 60 Cent pro Hemd würde das Unternehmen dann vielleicht noch 50 Cent Profit erwirtschaften.
Ökonomisch würde eine derartige Unternehmenspolitik dem Discount-Imperium vermutlich nicht schaden. Die Forbes-Liste führt Aldi-Gründer Karl Abrecht auf Platz zehn der reichsten Erdenbürger. Ihm wird ein Vermögen von 20 Milliarden Euro zugeschrieben. Die Nachkommen seines verstorbenen Bruders Theo rangieren mit 14 Milliarden Euro auf Platz 32.
Zur konkreten Kritik war von Aldi Süd am Freitag keine Stellungnahme zu erhalten. Frühere Vorwürfe der Kampagne für Saubere Kleidung beantwortete eine Sprecherin, indem sie darauf verwies, dass man einen Verhaltenskodex für Firmen (BSCI) umsetze. Diese Vorschriften untersagen, dass Zulieferer gegen örtliche Gesetze verstoßen. Beispielsweise im Falle der Arbeitszeiten muss man jedoch davon ausgehen, dass Aldi die eigenen Zusagen missachtet.