Auf zum Talentgipfel

Ramsauer will Fiasko bei neuen Zügen beenden

Das Bahnindustrieunternehmen Bombardier schwärmt von einem „einzigartigen Zugkonzept“, wenn es um die Regionalzüge der Reihe „Talent 2“ geht. Der moderne Nahverkehrszug kann das bloß noch nicht richtig unter Beweis stellen. Denn Bombardier hat zwar gut 100 davon angefertigt, doch die stehen unweit Berlins auf Abstellgleisen, weil die Zulassung dafür fehlt. Deshalb, so warnt die Deutsche Bahn bereits vor, wird es wohl auch im kommenden Winter zu Engpässen im Regionalverkehr kommen. Es fehlen die Reserven beim rollenden Material. „Wir nehmen die Fahrzeuge erst ab, wenn sie den vertraglichen Bedingungen entsprechen“, stellt eine Sprecherin des Konzerns klar. Immerhin geht es um ein Gesamtvolumen von mehr als einer Milliarde Euro.

Nun will der Bundesverkehrsminister eingreifen. An diesem Donnerstag hat Peter Ramsauer (CSU) alle Beteiligten zu einem Gipfelgespräch in sein Ministerium eingeladen. Bahnchef Rüdiger Grube wird ebenso dabei sein wie der Leiter des Eisenbahnbundesamtes (EBA) und über Bombardier und Siemens auch Vertreter der Industrie. Denn es ist nicht das erste Mal, dass neue Züge mit erheblichen Verzögerungen auf die Gleise kommen. Das will Ramsauer ändern. „Die Züge stehen seit Monaten herum“, begründet das Ministerium den überraschenden Gipfel.

Die Geschichte ist kompliziert. 2007 hat die Bahn mit Bombardier einen Rahmenvertrag für mehr als 300 „Talent 2“ abgeschlossen. Für die Kanadier ist das der größte Auftrag, den sie in Deutschland je einheimsen konnten. Doch der geplante Beginn der Auslieferung 2009 wurde immer wieder nach hinten geschoben. Die Aufsichtsbehörde verweigerte die Zulassung, unter anderem für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometer in der Stunde. Die modernen Wagen dürfen derzeit höchstens mit 140 Kilometer über die Gleise rollen. So aber, moniert die Bahn, könne auf Strecken wie zwischen Cottbus und Leipzig der Fahrplan nicht eingehalten werden.

Immerhin können die Nürnberger auf den Einsatz des Talent 2 hoffen. „Seit August werden Züge dorthin geliefert“, sagt Bombardier-Sprecher Immo von Fallois. Er hofft jedoch auf eine baldige Zulassung der Baureihe für die vereinbarte Höchstgeschwindigkeit. Dann könnten die fertigen Züge sofort zum Kunden rollen. Bislang sind nach Angaben der Bahn erst 84 Exemplare ausgeliefert worden. Die Züge für Nürnberg hat die Bahn nach eigenen Angaben auch nur gemietet, bis die einwandfreie Funktion der Technik erwiesen ist.

Schwierigkeiten mit neuen Zügen gab es in der Vergangenheit immer wieder. Mal funktionierte die Neigetechnik nicht, mal streikten die Klimaanlagen. Manche Konstruktionsfehler, zum Beispiel bei den Achsen, zeigte sich auch erst im Betrieb. Deshalb hat der Bund schon reagiert. Gemeinsam mit Herstellern und Auftraggebern wurde ein Handbuch entwickelt, aus dem die Anforderungen an neue Züge hervorgehen. Vor kurzem hat das Bundeskabinett zudem eine kleine Revolution für die Branche beschlossen. Bisher ist allein der Betreiber der Züge, also das jeweilige Bahnunternehmen, für die Sicherheit und Qualität der Triebwagen und Waggons verantwortlich. Nun wird das Eisenbahngesetz so verändert, dass auch die Hersteller in der Verantwortung stehen. Der Bundestag muss da allerdings noch zustimmen.