Es arbeiten so viele Menschen wie noch nie

Mit 40,4 Millionen erreicht die Erwerbstätigkeit ihren Höchststand seit 1991. Geringfügige Stellen gehen zurück, Vollzeit-Arbeitsplätze nehmen zu. Langfristig sinkt das Arbeitsvolumen und die Arbeit wird auf mehr Personen verteilt

Das Jahr 2011 beginnt mit einer guten Nachricht für die Arbeitnehmer in Deutschland. Die Zahl der Erwerbstätigen ist 2010 auf ihren Höchststand gestiegen, die Erwerbslosigkeit entsprechend gesunken. Das berichtete das Bundesamt für Statistik am Montag. Der Grund liegt im wesentlichen in der erstaunlich schnellen Erholung der deutschen Wirtschaft nach der Finanzkrise. Damit wachsen auch 2011 die Chancen für Arbeitslose, eine neue Stelle zu finden.

2010 arbeiteten in Deutschland so viele Menschen wie nie zuvor im vereinigten Deutschland. 40,37 Millionen Bürger verdienten Lohn oder Einkommen. Gleichzeitig nahm die Erwerbslosigkeit ab. Im Durchschnitt des Jahres 2010 lag sie bei nur noch 2,93 Millionen Erwerbslosen, was einer Quote von 6,8 Prozent entsprach.

Diese Zahlen sind etwas niedriger als die der Bundesagentur für Arbeit, weil das Statistische Bundesamt auch noch sehr kleine Jobs als Arbeit zählt und deshalb die Zahl der Arbeitslosen rechnerisch geringer ausfällt. Die BA gibt ihre aktuelle Arbeitsmarkt-Statistik am heutigen Dienstag bekannt.

Interessant ist, dass die Situation am Arbeitsmarkt sich insgesamt zugunsten der Beschäftigten verbessert. So hat beispielsweise auch die Zahl der geringfügigen Arbeitsverhältnisse seit ihrem Höhepunkt von 4,94 Millionen im Winter 2007 auf zuletzt 4,83 Millionen abgenommen (September 2010). Parallel dazu stieg die Menge sowohl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze, als auch der Vollzeitstellen nach Angaben der Bundesagentur um mehrere Hunderttausend an.

Offenbar brauchen die Unternehmen mehr feste Beschäftigte, um die Aufträge abzuarbeiten, die der Wirtschaftsboom ihnen beschert. Das bedeutet auch: Die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer und Gewerkschaften wird besser, wenn sie höhere Löhne durchsetzen wollen.

Die Frage ist allerdings, aber die aktuelle Entwicklung den langfristigen Trend umkehrt. Denn eigentlich nehmen seit langem die regulären, traditionellen Arbeitsverhältnisse ab, die flexiblen, weniger regulierten (Minijobs, Teilzeit, Leiharbeit, Niedriglohnstellen) hingegen zu.

Beachtung verdient auch ein langfristiger Trend. Seit Jahrzehnten sinkt das Arbeitsvolumen in Deutschland. 1991 leisteten die deutschen Beschäftigten fast 60 Milliarden Stunden. Im vergangenen Jahr waren es dagegen noch etwa 57,4 Milliarden. Unter dem Strich heißt das: Durch geringe Wachstumsraten und steigende Produktivität nimmt die Menge der Arbeit insgesamt ab, wird aber auf mehr Personen verteilt – eigentlich eine vernünftige Tendenz. Das Ziel der Vollbeschäftigung rückt zumindest näher.

Die Früchte des Erfolgs sind regional freilich unterschiedlich verteilt. Fast überall in Ostdeutschland liegt die Erwerbslosigkeit über den Werten des Westens. Das Spektrum reicht von einer Arbeitslosenquote von 11,7 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 3,8 Prozent in Bayern (November 2010).

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Abschied von Heavy Metal

Die modernen Beschäftigten arbeiten anders als früher. Industrie und Gewerbe bieten zunehmend weniger Jobs. Dafür wächst der Dienstleistungssektor. Dort arbeiteten 2010 durchschnittlich 330.000 Beschäftigte mehr als 2009. Beratungsleistungen aller Art, Gesundheit, Pflege, Kultur und Hilfsdienste nehmen zu. Im produzierenden Gewerbe waren dagegen 136.000 Personen weniger beschäftigt. Branchen wie Metallverarbeitung oder Elektroindustrie kommen tendenziell mit weniger Leuten aus. Durch höheren Kapitaleinsatz, mehr Maschinen und Datenverarbeitung wachsen die produzierten Stückzahlen trotzdem permanent. Dieser Strukturwandel, der in anderen Industrieländern ähnlich abläuft, beruht auf einer langfristigen Entwicklung. 1991 waren knapp 60 Prozent der Arbeitnehmer als Dienstleister tätig, heute sind es 73,5 Prozent. Parallel dazu sank der Anteil der Erwerbstätigen im produzierenden Gewerbe von 29 Prozent 1991 auf 19 Prozent 2010. Gegenüber diesen beiden beherrschenden Sektoren spielt die Land- und Forstwirtschaft kaum noch eine Rolle. Dort arbeiteten 2010 nur noch 2,1 Prozent der Beschäftigten. Vor zehn Jahren waren es noch 3,9 Prozent.