Benzin wird doch am Wochenende teurer

Kartellamt weist Mineralölkonzernen synchrone Preisgestaltung nach

Jetzt ist es amtlich: Der Preis für Kraftstoffe steigt ohne sachlichen Grund am Wochenende und in Ferienzeiten. „In der Regel sind die Benzinpreise an Freitagen am höchsten und an Montagen am niedrigsten“, teilte das Bundeskartellamt mit. Allein durch eine besonders erhöhte Nachfrage lasse sich dies entgegen den Beteuerungen der Mineralölwirtschaft nicht erklären.

Das ist nur eines der interessanten Ergebnisse einer großen Untersuchung der Branche durch die Wettbewerbshüter, die nun einen 228 Seiten umfassenden Abschlussbericht vorlegten. „Die fünf großen Tankstellenbetreiber in Deutschland machen sich gegenseitig keinen wesentlichen Wettbewerb“, stellt Kartellamts-Chef Andreas Mundt fest, „sie bilden ein marktbeherrschendes Oligopol.“ Der von vielen Autofahrern gehegte Verdacht von Preisabsprachen hat sich zwar nicht erhärtet. Doch ein einheitliches Verhalten erreichen die Konzerne auch ohne geheime Gespräche in abgelegenen Restaurants. Die Unternehmen beobachten ständig und flächendeckend die Preise an den Tankstellen der Konkurrenz und passen die eigenen in erstaunlich festen Zeitkorridoren an die Marktentwicklung an. „Das führt zu überhöhten Preisen“, sagt Mundt.

BP/Aral, Shell, Jet, Esso und Total vereinen auf sich fast zwei Drittel der Menge des verkauften Kraftstoffs. Außerdem sind sie an Raffinerien beteiligt, also zugleich Erzeuger der Produkte. Das Kartellamt hat die Marktentwicklung an 400 Tankstellen in den Großräumen Hamburg, Leipzig, München und Köln dreieinhalb Jahre lang beobachtet. Die Verbraucher haben es mit einem ausgefeilten System zu tun, bei dem sich die Konzerne gegenseitig nicht weh tun.

Die Behörde wies nach, dass die Preise zwar häufiger gesenkt als erhöht werden. Aber ein Nachlass fällt stets gering aus, während Aufschläge kräftig sind. In fast allen Fällen übernahmen Shell oder Aral den Auftakt einer Preisrunde. Das jeweils andere Unternehmen passte die Auszeichnung an seinen Zapfsäulen nach exakt drei Stunden an. Der Rest der marktbeherrschenden Marken folgt in ebenfalls festen Zeitkorridoren. Das Kartellamt hat auch ein mögliches Sanktionssystem entdeckt, falls ein Unternehmen aus dem Gleichschritt ausscheren sollte. Die Konzerne tauschen Kraftstoffe untereinander aus und sind daher auch voneinander abhängig. „Abweichendes Verhalten könnte umgehend von den anderen Oligopolisten wirtschaftlich sanktioniert werden“, stellen die Prüfer fest.

Gegen die Macht der Treibstoffriesen würde das Kartellamt gerne vorgehen. Doch den Beamten sind die Hände weitgehend gebunden. Da es keine direkten Preisabsprachen gibt, verhalten sich die Unternehmen legal. Da Preise nicht staatlich vorgeschrieben werden können, sind auch zu hohe Preise für das Benzin im Rahmen der Gesetze. Und eine Zerschlagung der Konzerne ist rechtlich derzeit nicht möglich. Mundt kündigte an, dass das Amt den Unternehmen jedoch weitere Tankstellenzukäufe untersagen und die verbliebenen freien Tankstellen besser vor Behinderungen durch die Großen schützen wird.

Unterdessen ist die politische Debatte um die Benzinpreise voll entbrannt. Die Mineralölwirtschaft sieht den Bericht als Freispruch erster Klasse, „Auf dem Kraftstoffmarkt in Deutschland gibt es keine Preisabsprachen“, sagt der Chef des Mineralölwirtschaftsverbands, Klaus Picard, der keinen mangelhaften Wettbewerb erkennen kann. „Wenn sich langfristig nichts ändert, muss ein Entflechtungsgesetz her“, fordert die Mittelstandsbeauftragte der Grünen, Christine Scheel. Auch in der FDP gibt es Pläne für ein Gesetz, dass die Zerschlagung zu mächtiger Konzerne ermöglichen würde. Bisher ist es jedoch bei der Ankündigung geblieben.