Gut oder schlecht?

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) muss sich viel Kritik gefallen lassen

Warum werden die Einzelheiten des Dioxin-Skandals nur tröpfchenweise bekannt?

Die Behörden kennen das Ausmaß der Verseuchung von Tieren und Eiern noch nicht in vollem Umfang. Nach und nach werden die von dem Fettpanschern belieferten Betriebe untersucht. Aus den Lieferlisten kommen noch immer weitere potenziell gefährdete Bauernhöfe hinzu. Überall werden Proben gezogen und ausgewertet. So kommen die Ergebnisse auch erst nacheinander ans Licht. Es gibt derzeit keine Hinweise auf eine Verzögerungstaktik einzelner Behörden. Eher ist das Gegenteil der Fall. Die betroffenen Betriebe – bisher fast 5.000 – wurden gesperrt, bis ein Ergebnis der Überprüfung vorlag.

Ist ein Ende der Meldungen über neue Giftfunde absehbar?

Ein Ende ist derzeit nicht absehbar. „Wir können derzeit nichts ausschließen“, stellt Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) fest. Erst jetzt wurden mit Dioxin belastete Schweine entdeckt und sofort getötet. Womöglich müssen noch mehr Tiere auf anderen Höfen getötet werden.

Wie viel Dioxinwaren sind im Handel gelandet und von den Verbrauchern verzehrt worden?

Das ist noch nicht bekannt. Wenn in Landwirtschaftsbetrieben Dioxin nachgewiesen wird, zum Beispiel in Eiern, veröffentlichen die jeweiligen Länder die Seriennummern der Eier im Internet. So kann jeder Verbraucher nachschauen, ob er zufällig Eier aus dieser Lieferung im Kühlschrank hat. Auf den Verzehr sollten Verbraucher in diesem Fall besser verzichtet.

Warum weiß niemand genau, wo das Dioxin herkommt?

Dioxin kann auf vielerlei Art in das Fett gekommen sein. In einem zurückliegenden Fall war lediglich der Boden einer Scheune, in der Futter gelagert wurde, aus früheren Zeiten mit dem Gift belastet. Das hat für eine Verseuchung des Futter schon gereicht. Die Chemiker versuchen anhand der vorhandenen Proben Rückschlüsse auf die Herkunft zu ziehen. Bisher ist keine Ursache belegt, auch nicht die These der Organisation Foodwatch, die Pflanzenschutzmittel als Ausgangspunkt vermutet.

Wo hat die zuständige Bundesministerin Fehler gemacht?

Bisher kann man Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner keine großen Fehler vorwerfen. Für die Lebensmittelkontrollen sind die Länder zuständig. Auch für die Nennung der Namen von Betrieben und verseuchten Waren. Die rechtliche Grundlage dafür geht vielen Kritikern jedoch nicht weit genug. So lassen die Gesetze derzeit nicht zu, auch die mit dem Dioxin-Futter belieferten Betriebe ohne eine langwierige Anhörung bekannt zu geben. Bisher hat Aigner keinen Ehrgeiz zu einer Ausweitung der Informationsrechte an den Tag gelegt. Ansonsten läuft das Krisenmanagement im Vergleich zu früheren Skandalen eher reibungslos. Aigners Selbstdarstellung kommt nicht überall gut an. Statt markiger Worte bevorzugt die CSU-Politikerin sachliche Vorträge. Das verwechseln Kritiker mit fehlendem Engagement.

Handelt die Landwirtschaftsministerin im Sinne der Verbraucher oder im Sinne der Wirtschaft?

In diesem Skandal rangieren die Interessen der Verbraucher vor denen der Wirtschaft. Betriebe werden grundsätzlich erst einmal gesperrt, wenn sie potenziell gefährliche Futterlieferungen erhalten haben. Die Futtermittelindustrie muss sich auf verschärfte Zulassungsbedingungen und eine strikte Trennung der verschiedenen Fettsorten einstellen. Auch soll die Belastung mit Dioxin in der Nahrungsmittelkette besser beobachtet werden. Trotzdem spricht die Ministerin auch mit den Vertretern der Wirtschaft über eine bessere Kontrolle. Eine Verfechterin sanfter Landwirtschaft ist die gelernte Technikerin nicht. Wofür sie genau steht, ist auch nach fast zwei Jahren Amtszeit nicht erkennbar.

Warum kündigt Aigner oft viel mehr an, als am Ende an Gesetzen herauskommt?

Die Verbraucherministerin hat vergleichsweise wenig echte Macht. Die Federführung beim Datenschutz liegt beispielsweise im Innenministerium, um Anlegerinteressen müsste sich das Finanzministerium kümmern und um Fahrgastrechte das Justizressort. Die Verbraucherministerin kann nur fordern. Handeln müssen andere. Bei Nahrungsmittelproblemen liegt die die Federführung in ihrem Hause. Da muss sie jetzt zeigen, dass sie den Worten auch Taten folgen lässt. Doch auch hier hat alles enge Grenzen, weil die Verantwortung für die Lebensmittelkontrollen bei den Ländern liegt. Inhaltlich liegen alle Parteien bei den Lehren aus der Krise nahe beieinander.