Die Wirtschaft pocht beim Elektroauto auf Staatshilfe.
Die Wirtschaft pocht beim Elektroauto auf Staatshilfe. Der Bund will Käufer mit Vergünstigungen locken. Kritiker monieren einseitige Ausrichtung auf Industrieinteressen
Leise und umweltfreundlich sollen Ende des Jahrzehnts rund eine Million Elektromobile auf Deutschlands Straßen rollen. Die neuen Antriebe werden durch erneuerbare Energien gespeist und schonen so das Klima. Zugleich rollt die deutsche Autoindustrie damit das Feld der Konkurrenten auf. Davon träumt zumindest die Bundesregierung. „Wir wollen bei der Elektromobilität eine Spitzenstellung einnehmen“, sagt der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Und Kanzlerin Angela Merkel spricht von einem Leitmarkt, der hierzulande entsteht
Doch ganz so einfach ist der Umstieg auf einen batteriebetriebenen Fuhrpark nicht. Das zeigt der zweite Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität, den die Regierungschefin an diesem Montag im Kanzleramt entgegen nahm. Der von der Industrie, Wissenschaftlern und Gewerkschaften dominierte Arbeitskreis zeigt sich deutlich skeptischer. „Ohne Anreizmaßnahmen wird das Vorhaben nicht gelingen“, stellen die Experten fest. Das heißt, der Steuerzahler soll die Einführung der E-Mobile unterstützen.
Denn noch immer sind die Autohersteller weit von einer massentauglichen Produktion der Elektroautos entfernt. Nur gut 2.600 Probefahrzeuge sind derzeit unterwegs. Und die Herstellung ist viel teurer als die von herkömmlichen Motoren. Vor allem die Batterien bereiten den Entwicklern Kopfzerbrechen. Die Fahrzeuge kosten deshalb bis zu 9.000 Euro mehr. 2017 will die Industrie ie Massenproduktion beginnen. Doch die Regierungspläne halten die Fachleute für zu optimistisch. Ohne Subventionen rechnen sie bis 2020 mit höchstens 450.000 verkauften E-Mobilen. Angesichts von bundesweit 42 Millionen zugelassenen Pkw ist dies eine dürftige Ausbeute.
Andere Länder, etwa Frankreich, schießen beim Kauf eine Prämie von mehreren Tausend Euro zu. Das lehnt Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) weiterhin ab. „Gerade in Zeiten knapper Kassen kann es sich kein Land leisten, in einen teuren Subventionswettlauf zu treten“, stellt der Minister klar und weiß die Koalition an seiner Seite. Ganz anders sehen es die Grünen. „Damit E-Autos in Deutschland endlich durchstarten, brauchen wir eine Kaufprämie von 5.000 Euro“, verlangt Fraktionschefin Renate Künast.
Dagegen will das Bundeskabinett an diesem Mittwoch ein „Regierungsprogramm Elektromobilität“ ohne Prämie verabschieden. Mit einer Mischung aus mehr Geld für die Forschung, Steuererleichterungen für Käufer von E-Mobilen und Vergünstigungen im Alltagsverkehr sollen bessere Voraussetzungen für die Markteinführung geschaffen werden. Ein Bestandteil ist die zehnjährige Befreiung der Käufer von der Kfz-Steuer. Außerdem werden die Regelungen zur Dienstwagenbesteuerung angepasst, damit durch die teureren Antriebe keine Nachteile für Betriebe oder Selbständige entstehen. Denn die Dienstwagenbesitzer müssen heute einen Teil des Kaufpreises für die private Nutzung des Wagens versteuern. Bei gleicher Leistung lohnt sich der Umstieg auf ein E-Mobil für diese wichtige Kundengruppe daher nicht.
Mehr Geld will der Bund auch bereitstellen. Die Forschungsförderung wird auf eine Milliarde Euro bis Ende 2013 verdoppelt. „Einen besonderen Schwerpunkt werden wir dabei auf die Batterieforschung legen“, verspricht Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU).
Darüber hinaus sollen vor allem weiche Vorteile Käufer anlocken. Sonderparkplätze für Elektroautos oder die Erlaubnis, mit den leisen Flitzern auf der Busspur fahren zu dürfen, gehören dazu. Auch die Parkgebühren könnten den Besitzern erspart werden. Aber die letzteren Überlegungen wären am Ende Sache der Kommunen. Der Bund will mit gutem Beispiel vorangehen und zehn Prozent der von den Beamten, Ministern und Abgeordneten genutzten Fahrzeuge mit Strom betreiben. Der Verband der Automobilindustrie begrüßt die Ankündigungen und verweist auf Investitionen von bis zu zwölf Milliarden Euro durch die Industrie für die Entwicklung alternativer Antriebe.
Von Umwelt- und Verbraucherverbänden setzt es Kritik an den Plänen. „Der Bund soll die Katze im Sack kaufen“, glaubt der Vorsitzende der Allianz pro Schiene, Alexander Kirchner und befürchtet am Ende Milliardensubventionen für die Autoindustrie. Der Bericht sei ausschließlich auf die Anbieterperspektive der Autoindustrie ausgelegt. Der Verkehrsclub Deutschland sieht noch keine Garantie, dass die E-Mobile auch mit Ökostrom betrieben werden. „Die Vorschläge laufen darauf hinaus, die Investitionsrisiken auf Steuerzahler und Verbraucher abzuwälzen“, kritisiert Gerd Billen vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Subventionen seien nur gerechtfertigt, wenn dadurch nachweislich etwas zum Klimaschutz beigetragen werde.