Der neue Europäische Währungsfonds könnte nationale Schulden vergemeinschaften. Kritik der Bundesregierung
Europa bereitet sich darauf vor, gemeinsame Schulden aufzunehmen. Ab 2013 soll der Europäische Stabilitätsmechanismus klammen Mitgliedern aus der Krise helfen. Heute beraten darüber die Finanzminister. Unsere Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen.
Kommt der Europäische Währungsfonds?
Ja, ab 2013 bekommt Europa eine Institution, die dem Internationalen Währungsfonds in Washington ähnlich ist. Sie trägt die Bezeichnung „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ (ESM) und könnte bis zu 500 Milliarden Euro verleihen, um Staaten zu helfen, die in Zahlungsschwierigkeiten sind. Deutschland müsste etwa 20 Milliarden Euro zum Grundkapital beitragen.
Hält die Bundesregierung die Konstruktion für richtig?
Grundsätzlich ja. Die Idee ist, einen unkontrollierten Staatsbankrott von Euro-Staaten wie Griechenland oder Irland zu verhindern und die gemeinsame Währung zu schützen. Allerdings befürchten deutsche Regierungskreise, dass die Betonung zu sehr auf den Kredithilfen und weniger auf der Sanierung maroder Staatsfinanzen schwacher Staaten liegt.
Wird der Fonds künftig selbst Anleihen verkaufen?
Der ESM muss sich das Geld, das er ausleiht, größenteils am Kapitalmarkt beschaffen. Zu diesem Zweck wird er eigene Anleihen verkaufen, die in den vergangenen Monaten bereits unter dem Stichwort „Eurobonds“ diskutiert wurden. Die europäischen Staaten nehmen damit gemeinsame Schulden auf, was bisher nur in geringem Umfang gemacht wurde.
Wie man schwachen Staaten helfen?
Der ESM verordnet ihnen ein Sparprogramm und gibt ihnen übergangsweise Kredite. Die EU-Kommission denkt aber auch daran, dass der ESM Staatsanleihen von verschuldeten Mitgliedsstaaten aufkaufen könnte. Die Schulden einzelner Staaten würden damit auf Europa übertragen. Diese Taktik praktizierte im vergangenen Jahr schon die Europäische Zentralbank, was Bundesbank-Präsident Axel Weber bewog, seine Kandidatur für den EZB-Chefsessel zurückzuziehen. Er hält diese Vergemeinschaftung nationaler Schulden für falsch.
Gibt es bald ein Insolvenzrecht für Staaten?
Die Bundesregierung möchte durchsetzen, dass klamme Euro-Staaten nicht nur Finanzhilfen erhalten, sondern als letzte Konsequenz auch pleitegehen können. Sie müssten ihren Gläubigern dann erklären, einen Teil ihrer Schulden nicht zu bedienen. Viele EU-Regierungen wollen diese Möglichkeit allerdings in den Hintergrund drängen.
Müssen private Investoren einen Beitrag leisten?
Bisher können private Gläubiger davon ausgehen, dass verschuldete Staaten ihre Staatsanleihen immer bedienen. Ein oft sehr gutes Geschäft: Die Zinsen, die die Staaten zahlen, sind hoch, das Verlustrisiko für die Gläubiger beträgt Null. Dies will die Bundesregierung mit ihrem Plan der Staaten-Insolvenz ändern: Auch private Gläubiger müssten im Extremfall dann einen Teil ihrer Forderungen abschreiben. Offenbar allerdings ist die EU-Kommission daran nicht besonders interessiert – der Beitrag der Privaten gerät zunehmend in´s Vergessen.