Irland, Portugal, Spanien, Deutschland – wie geht es weiter in der Euro-Krise? Bricht die gemeinsame Währung auseinander? Die wichtigsten Fragen und Antworten
Geraten nach Griechenland und Irland jetzt weitere Staaten in Finanznöte?
Möglicherweise ja. Die nächsten Wackel-Kandidaten sind Portugal und Spanien. Deren Staatsanleihen kaufen die internationalen Fonds, Banken und Investoren inzwischen nur noch, wenn die Länder deutlich höhere Zinsen bieten als Deutschland. So stieg der Zinssatz für spanische Staatspapiere mit zehn Jahren Laufzeit am Donnerstag auf 5,19 Prozent. Bei Portugal waren es 7,02 Prozent. Das bedeutet: Die Investoren unterstellen ein höheres Risiko, dass diese beiden Länder ähnlich wie Griechenland und Irland bald nicht mehr in der Lage sind, ihre hohen Schulden aus eigener Kraft zu tilgen.
Woher kommt die schwierige Lage Portugals und Spaniens?
Beide Länder leiden unter den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Ihr Wachstum ist schwach: In Portugal beträgt es dieses Jahr rund ein Prozent, in Spanien schrumpft die Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit liegt in Portugal bei rund zehn Prozent, in Spanien bei fast 21 Prozent (Deutschland: 7,5 Prozent). Dementsprechend steigen die öffentlichen Haushaltsdefizite 2010 dort auf jeweils rund zehn Prozent. Auch die Gesamtverschuldung der Staaten wächst schnell. In Portugal beträgt sie bereits über 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Reicht der europäische Rettungsschirm aus?
Vorläufig ja. Er umfasst 750 Milliarden Euro. Hinzu kommen 110 Milliarden, die die Euro-Gruppe und der Internationale Währungsfonds für die Stabilisierung Griechenlands reserviert haben. Insgesamt stehen 860 Milliarden zur Verfügung. Davon kann Griechenland 110 Milliarden Euro in Anspruch nehmen. Irland und Portugal bräuchten jeweils wahrscheinlich knapp 100 Milliarden. Die übrigen 550 Milliarden Euro dürften für Spanien reichen, sollte es auch dort zu Problemen kommen.
Und wenn Italien auch noch Hilfe bräuchte?
Dann würde der Rettungsschirm vergrößert. Bundesbank-Präsident Axel Weber hat diese Möglichkeit bereits angedeutet. Grundsätzlich kann die Euro-Zone noch viel mehr Geld aufbringen. Schließlich erwirtschaften die 325 Millionen Einwohner der 16 Staaten eine jährliche Leistung von rund zehn Billionen Euro. Das Bruttoinlandsprodukt der Euro-Zone macht etwa ein Viertel der Weltökonomie aus.
Aber geht das ewig gut?
Nein. Letztlich basiert die Stabilität der Eurozone auf starken Volkswirtschaften wie Deutschland, Frankreich, Österreich, den Niederlanden und Finnland. Aber auch deren Belastbarkeit ist begrenzt. Die Investoren haben heute noch Vertrauen, weil beispielsweise die Staatsverschuldung Deutschlands mit etwa 75 Prozent der Wirtschaftsleistung relativ im Rahmen liegt. Sollte jedoch auch die deutsche Verschuldung spürbar wachsen, könnten ebenso die Zinsen für hiesige Staatsanleihen und damit die Kosten erheblich steigen. Dann bekäme der europäische Rettungsschirm Löcher. Ein anderes Risiko: Wenn die deutschen Wähler nicht mehr bereit sind, für andere Länder zu bezahlen, könnte auch dies das Vertrauen der Investoren und damit die Stabilität des Rettungsschirms gefährden.
Kann der Euro also zerbrechen?
Grundsätzlich ja. Theoretisch ist es vorstellbar, dass die Finanzkraft der Euro-Gruppe nicht mehr ausreicht und deshalb einzelne Länder zum Austritt gezwungen werden. Oder ein starkes Land, etwa Deutschland, sagt: Wir kehren zur alten Währung zurück.
Was würde passieren, wenn ein Land die Eurozone verließe?
Träte Irland aus, würde dort eine wirtschaftliche und soziale Abwärtsspirale in Gang gesetzt. Investitionen blieben aus, Firmen würden abwandern, die Arbeitslosigkeit nähme stark zu. Kehrte Deutschland zur D-Mark zurück, würde diese vermutlich stark aufwerten. Das Ergebnis: Das deutsche Exportmodell wäre am Ende. Auch bei uns stiege die Erwerbslosigkeit an, Sozialleistungen würden gestrichen, die Unterschiede zwischen Arm und Reich nähmen zu.
Gibt es ein grundsätzliches Mittel gegen solche Krisen?
Ja. Erstens mehr Regulierung der Finanzmärkte, um die Banken daran zu hindern, zu große Risiken einzugehen. Die Bankenkrise ist die Ursache der Euro-Krise. Zweitens weniger Staatsverschuldung. Denn diese bietet Investoren den Absatzpunkt, die Staaten unter Druck zu setzen.