Anhörung im Bundestag zeigt Kontrollbedarf / Doch Regierung und Opposition liegen weit auseinander
Mitunter platzt auch dem wenig auf Rabatz gepolten verbraucherpolitischen Sprecher der FDP im Bundestag der Kragen. „Ich bin extrem sauer“, wettert Erik Schweikert über das Verhalten der Bundesfinanzaufsicht (BaFin) im Verbraucherausschuss. 24 Fragen seien der Behörde gestellt, keine beantwortet worden. Beim Nachbohren wurde schnell klar, warum sich das Amt bei der Frage, ob Verbraucherrechte künftig auch von der Finanzaufsicht vertreten werden sollen, so zurückhält. Das Finanzministerium hatte die kargen Antworten vorgegeben. Minister Wolfgang Schäuble will die Interessen der Sparer nicht weiter stärken. Sein Gesetzentwurf zur Finanzaufsicht sieht keine grundlegende Neuordnung zugunsten der Anleger vor.
Grüne, SPD und Linke geht die Regierungslinie gegen den Strich. Die Oppositionsparteien wollen einen Finanzmarktwächter einführen. Denn die Anleger verlieren viel Geld, weil sie es in die falschen Produkte stecken oder übertriebenen Werbesprüchen der Banken und Versicherungen auf den Leim gehen. „Da reden wir über einen dreistelligen Milliardenbetrag“, schätzt der Anlageexperte der Hamburger Verbraucherzentrale, Günter Hörmann. Insbesondere bei den langlaufenden Verträgen für die private Altersvorsorge entgehen den Kunden Erträge.
Der Finanzmarktwächter soll die Anlageprodukte und das Verhalten der Anbieter im Blick behalten, Beschwerden sammeln, Fehlentwicklungen aufdecken und für eine bessere Information der Öffentlichkeit über die Finanzprodukte sorgen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) würde diese Aufgabe gerne übernehmen. Zehn Millionen Euro im Jahr veranschlagt vzbv-Chef Gerd Billen dafür. Angesichts der Milliardenschäden, die den Verbrauchern jährlich entstehen, ist dies ein eher bescheidener Betrag.
Die Sache hat jedoch einen gewaltigen Haken. Ein Aufpasser allein bewirkt nichts. Eine mit Hoheitsrechten ausgestattete Behörde muss die erkannten Mängel auch per Order abstellen können. Das können Verbraucherverbände nicht leisten. Spätestens an diesem Streitpunkt gehen die Auffassungen zwischen Regierung und Opposition weit auseinander. Die einen wollen keine wesentlich strengere Finanzaufsicht. Die BaFin soll sich also weiterhin vorrangig um funktionierende Finanzmärkte kümmern.
Die anderen fordern eine aktive Rolle der Behörde beim Verbraucherschutz, so wie es in England etwa der Fall ist. Bei der BaFin reden vor allem die Anbieter der Sparprodukte mit. Kundeninteressen bleiben außen vor. Und die Behörde behält ihr Wissen über unseriöse Praktiken auch lieber für sich.
„Wir brauchen eine Verbraucherstimme, die den Markt beobachtet, Beschwerden erkennt und systematisch weitergibt“, stellt SPD-Verbraucherexpertin Kerstin Tack fest. Und die Grüne Abgeordnete Nicole Maisch sieht sich in der Forderung nach einem Finanzmarktwächter und weitergehenden Aufgaben der BaFin bestätigt. „Unser Konzept ist mehr als reif“, sagte Maisch nach der Anhörung.
Passieren wird aber erst einmal nichts. Schwarzgelb hat gerade 1,5 Millionen Euro im Jahr für die Stiftung Warentest herausgerückt. Damit soll die Stiftung Finanzprodukte auf ihre Tauglichkeit hin überprüfen. Bei einigen zehntausend Anlageprodukten muss sich die Einrichtung nur auf wenige Anlagen beschränken. Von einem Finanz-TÜV kann ebenso wenig die Rede sein wie von einer Marktkontrolle.