Mit einer ausverkauften Propaganda-Veranstaltung unterstützt der erfolgreiche niederländische Rechtspopulist Geert Wilders seinen bislang erfolglosen Berliner Gesinnungsfreund René Stadtkewitz
Geert Wilders erhebt seine Stimme kaum. Bei seiner ausverkauften Veranstaltung am Samstag in Berlin mutet die Rede des holländischen Rechtspopulisten an wie ein wissenschaftliches Referat. Was als politischer Angriff daher kommt, entspringt eigentlich einem Gefühl der Angst und des Bedrohtwerdens. „Der Islam erobert andere Länder durch Einwanderung“, so Wilders, „das müssen wir nicht akzeptieren“.
In Holland ist Geert Wilders erfolgreich. Bald wird er der heimliche Regierungschef des Landes sein und die Minderheitskoalition aus Christdemokraten und Rechtsliberalen im Parlament unterstützen, ohne selbst ein Amt zu bekleiden. Nach Berlin ist er gekommen, um den Berliner Rechtspopulisten René Stadtkewitz zu unterstützen, der hier seinem niederländischen Vorbild nacheifert. Noch ist Stadtkewitz nur ein weitgehend unbekannter Berliner Landtagsabgeordneter, den die CDU-Fraktion wegen der Einladung an Wilders kürzlich ausgeschlossen hat. Jedoch plant Stadtkewitz Großes: Demnächst will er die Partei „Die Freiheit“ gründen, die unter anderem Islamkritikern eine politische Heimat geben soll.
In Berlin spricht Wilders Deutsch. Er sieht die „christlich-jüdische Kultur Europas“ durch moslemische Einwanderer bedroht. Der Islam sei nicht vornehmlich eine „Religion, sondern eine Ideologie mit Herrschaftsanspruch“. Seitdem sich der Prophet Mohammed und seine Gefolgsleute in der antiken Stadt Medina niedergelassen hätten, wolle der Islam die Welt „erobern, entweder mit der Waffe oder durch Einwanderung“.
Gekleidet in dunklen Anzug, weißes Hemd und dunkelblaue Krawatte, doziert der 47Jährige: „Der Islam ist der Kommunismus der Gegenwart.“ In seinem totalitären Anspruch sei er ebenso gefährlich wie der Nationalsozialismus. Für solche Äußerungen steht Wilders gegenwärtig in Holland vor Gericht. „Man will uns Schuldgefühle und Scham einreden, aber wir sind nicht schuldig“, sagt er in Berlin. Es gehe darum die „Freiheit“ von Deutschen und Holländern vor „Minaretten und Kopftüchern“ zu retten.
Nachdem Wilders knapp eine Stunde mit solchen Gedanken gefüllt hat, applaudieren die 400 bis 500 Zuhörer stehend. Es bildet sich eine lange Autogramm-Schlange, doch der Redner verschwindet schnell in Richtung Flugzeug. Zu 80 Prozent ist das Publikum männlich, es dominiert der durchschnittliche, unscheinbare Typ im Alter von 40 bis 50 Jahren. Offenkundige Neonazis sind fast keine zu sehen. Wobei professionelle Beobachter der rechten Szene unter anderem den Berliner NPD-Chef Uwe Meenen in der Lobby des Tagungshotels entdeckt haben wollen.
Das Hotel Berlin unweit des Kudamms sperrten mehrere hundert Polizisten ab. Die Veranstalter hatten den Zuhörern den Ort erst am Samstag Vormittag per Mail mitgeteilt, um Demonstranten im Unklaren zu lassen. Gut 100 Kritiker versammelten sich dennoch vor den Absperrgittern.
Über diese geringe Zahl machte sich Organisator René Stadtkewitz in seiner Begrüßungsrede lustig. Als mässiger Redner verhedderte er sich in Pointen und Formulierungen. Obwohl Stadtkewitz in Auftreten und Charisma bei weitem nicht an Wilders heranreicht und bislang keine politischen Erfolge vorzuweisen hat, traut der Holländer dem Deutschen offenbar mehr zu, sonst wäre er nicht gekommen.
Wann Stadtkewitz seine Partei „Die Freiheit“ ins Leben rufen will, ist unklar. Auch ein Programm gibt es bislang nicht. Ersatzweise kündigte der Gründer in spe an: „Eine Politik für das Allgemeinwohl des Volkes – das wird das Programm der Freiheit sein.“