Unternehmen wollen erst investieren, wenn die Rahmenbedingungen verlässlich sind
Die Bundesregierung will die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland gemeinsam mit den deutschen Unternehmensverbänden unterstützen. Finanzielle Hilfen schloss Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) allerdings aus. „Wir brauchen kein zusätzliches Geld, sondern mehr Investitionssicherheit“, sagte der Minister im Anschluss an ein Treffen mit den wichtigsten Verbandsvertretern aller Branchen in Berlin.
Konkrete Investitionszusagen hatten die Teilnehmer der Runde nicht im Gepäck. Das ist auch Sache der einzelnen Unternehmen. Diese erste Konferenz zur Griechenlandhilfe sollte zunächst einmal die Felder für eine mögliche Unterstützung abstecken. Rösler verglich die aktuelle Lage im Krisenland mit der Situation nach dem Zusammenbruch des früheren Ostblocks. Allerdings würden die Griechen keine 20 Jahre benötigen, um die Wirtschaftskrise zu bewältigen, glaubt der FDP-Chef.
Die Wirtschaft lässt kaum ein gutes Haar an den Verhältnissen im Südosten Europas. Es fehlt den Unternehmen an einem verlässlichen Rechtssystem, mit dem sie ihre Investitionen absichern können. Außerdem bemängelt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) umständliche Genehmigungsverfahren und langwierige Verwaltungsprozesse. Auch die verbreitete Korruption hält Firmen vom Engagement bei den Hellenen ab. Schließlich klagt die Industrie über nicht bezahlte Rechnungen aus zurückliegenden Zeiten. „Die Bundesregierung sollte deutsche Unternehmen unterstützen, um einen Fahrplan für die Rückzahlung offener Forderungen zu erarbeiten“, fordert Stefan Mair von der Geschäftsführung des Verbands.
Bei der Erledigung der Hausaufgaben will Rösler die Griechen unterstützen. Deutsche Verwaltungsfachleute könnten beim Kampf gegen Bestechlichkeit in den Ämtern helfen, Kartell- und Finanzexperten bei der Einrichtung von Wettbewerbsämtern und einer staatlichen Förderbank. Pensionierte Gewerbelehrer oder Treuhandmitarbeiter sollen schließlich bei der Ausbildung von Arbeitskräften und der Privatisierung der staatlichen Monopolbetriebe helfen. Auch die Wirtschaft will Angebote machen. Die Handwerkskammern und Handelskammern schicken auf Ausbildung spezialisiertes Personal nach Athen und die Großhändler wollen Griechenland beim Export auf die Sprünge helfen.
Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, will die Wirtschaft über verstärkte Investitionen in Griechenland nachdenken. Einige lohnende Branchen haben die Verbände bereits ausgelotet. Dazu gehören die Erneuerbaren Energien, der Straßenbau, der Ausbau der Ver- und Entsorgungsinfrastruktur sowie eine Beteiligung an den bisherigen Monopolbetrieben, etwa in der Telekommunikation.
Die griechische Wirtschaft ist mit Beginn der Schuldenkrise regelrecht zusammengebrochen. Im vergangenen Jahr sank das Bruttoinlandsprodukt um fast fünf Prozent, in diesem Jahr geht die Leistung noch einmal um gut vier Prozent zurück. Es gibt nur wenige wettbewerbsfähige Industrien und kein Geld mehr für öffentliche Konjunkturprogramme. Deshalb halten es viele Experten für unmöglich, dass sie Griechenland aus eigener Kraft aus dem Schuldensumpf befreit. Internationale Hilfe zum Aufbau moderner Wirtschaftsstrukturen sollen das Land wieder in die Lage versetzen, die Kredite aus selbst geschöpften Mitteln zurückzuzahlen.