Til Schweiger spielt in einer Liga mit Harry Potter und Piraten der Karibik
Dass ein gut aussehender Mann sich plötzlich um seine achtjährige Tochter kümmern muss und dabei lernt, was Liebe ist, wollten 4,3 Millionen Besucher im Kino sehen. Damit ist Til Schweigers „Kokowääh“ – was „Hühnchen in Weinsoße“ heißen soll – der erfolgreichste deutsche Film des vergangenen Jahres. Allerdings nicht der meistgesehene: Die US-amerikanischen Produktionen Harry Potter und Piraten der Karibik lockten noch mehr Besucher in die hiesigen Kinos.
Trotzdem konnte die Filmförderungsanstalt zum heutigen Start des Filmfestivals Berlinale damit eine positive Nachricht verkünden: Der Marktanteil deutscher Filmproduktionen ist 2011 wieder gestiegen. 28 Millionen Besucher schauten sich einheimische Streifen an. Das waren knapp 22 Prozent der verkauften Karten.
Neben dem Schweiger-Film schafften es sieben weitere Produktionen aus deutschen Studios über die Marke von einer Million Besuchern pro Jahr. Das waren unter anderem „What a Man“, „Wickie auf großer Fahrt“, „Almanya“ und „Die drei Musketiere“.
Der zunehmende Erfolg deutscher Autorren, Schauspieler und Produzenten liegt in der Tendenz des vergangenen Jahrzehnts. Bei der Aufwärtsbewegung gibt es freilich starke Schwankungen. Den bisher höchsten Marktanteil beim einheimischen Publikum erreichten hiesige Filme 2009 mit rund 27 Prozent. 2010 verzeichnete die Branche dann einen Einbruch auf 17 Prozent, von denen sich die Steigerung des Jahres 2011 nun positiv abhebt.
Dass mehr Menschen deutsche Filme sehen wollen als früher, hat etwas zu tun mit deren zunehmenden Qualität, der guten Produktionsinfrastruktur und einer wirkungsvollen finanziellen Unterstützung unter anderem durch die Filmförderungsanstalt. Eine Rolle spielen dürfte aber auch das Bedürfnis des Publikums an Selbstvergewisserung und Identitätsfindung in schwierigen Zeiten.
Während der Umsatz der Kinos in Deutschland im vergangenen Jahr auf 958 Millionen Euro stieg, konnten jedoch nicht alle Spielstätten profitieren. Wie in den Jahren zuvor sank die Zahl der Kinos. 2011 wurden unter dem Strich 43 geschlossen. Übrig waren am Jahresende 1.671 Spielstätten. Dabei war eine weitere Konzentration im Gange. Vor allem kleine Kinos in ländlichen Gegenden und Kleinstädten gaben auf, die Zahl der Großkinos und Multiplexe blieb dagegen stabil. Eine Ursache für diese Entwicklung ist die teure Umrüstung auf digitale Projektion und die zunehmende Konkurrenz dreidimensionaler Filme. Bei letzteren haben US-amerikanische Produktionen zudem ein deutliches Übergewicht. Deutsche Studios trauen sich an 3D-Filme bisher selten heran.
Unter anderem deshalb könnte der Anteil amerikanischer Streifen zulasten deutscher Produktionen in diesem Jahr wieder steigen. Hinzu kommt, dass mehrere erfolgreiche Dauerbrenner mit neuen Geschichten in die Kinos kommen, darunter eine weitere Spiderman-Folge und ein neuer James Bond. Aber auch einige ausssichtsreiche deutsche Filme starten 2012. Dazu gehören „Glück“ von Doris Dörrie, „Türkisch für Anfänger“ und Buchverfilmungen wie „Die Vermessung der Welt“ (Daniel Kehlmann) und „Russendisko“ (Wladimir Kaminer).
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Film in Zahlen
Ingesamt 130 Millionen Besucher sahen sich 2011 einen Film in einem einheimischen Kino an. Knapp 28 Millionen Cineasten bevorzugten einen deutschen Streifen, 77 Millionen eine US-Produktion. 21 Millionen Besucher sahen Filme aus anderen EU-Ländern, wobei Frankreich einen hohen Anteil hatte. Nur 1,8 Millionen Kinogänger interessierten sich für Filme mit Herkunft außerhalb Europas und der USA (1,4 Prozent). Die Zahl der Kinobesucher insgesamt sinkt mit Schwankungen seit 2001. Damals waren es 169 Millionen. Gegenläufig ist die Entwicklung des Umsatzes der Kinos. Dieser steigt tendentiell an auf zuletzt 958 Millionen Euro. 2007 waren es erst 758 Millionen. Der wesentliche Grund: Die Eintrittspreise steigen, unter anderem durch 3D.