Bald kommt der Internetpranger für Lebensmitteltäuschungen
Bald können sich Verbraucher im Internet über die täuschende Aufmachung von Lebensmitteln beschweren. Auf dem Portal „Klarheit und Wahrheit“ will das Bundesverbraucherministerium irreführende Produkte mit Nennung der Namen und der Hersteller informieren. Erdbeerjoghurt ohne Fruchtbestandteile oder Fitnessflocken mit hohem Zuckergehalt werden zur öffentlichen Debatte gestellt. Die Wirtschaft läuft Sturm gegen das Vorhaben und sieht sich an den Pranger gestellt.
Die hessische Verbraucherzentrale (VZ) übernimmt die Betreuung der Seite im Auftrag der Bundesregierung. Starttermin des 300.000 Euro teuren Projektes ist im Frühjahr. Schon jetzt können sind Kunden bei der VZ über Mogeleien beschweren. Das führt schon lange vor dem Start zu ersten Ergebnissen. Nach Angaben von Projektleiter Hartmut König wurden bisher 25 Lebensmittel kritisiert, darunter ein angeblich hundertprozentiger Ziegenfrischkäse. Auf der Verpackung findet sich ein Hinweis, nachdem der Käse in einem Kuhmilch verarbeitenden Betrieb hergestellt wurde. „Das ist ein Fall für die Nennung des Produktes“, erläutert König. Der Produzent habe aber bereits eingelenkt und wolle die strittige Darstellung verändern.
Die Wirtschaft lehnt mehr „Klarheit und Wahrheit“ vehement ab, weil auch die Namen der Hersteller genannt werden sollen. „Es wird zu einem Pranger“, befürchtet die Sprecherin des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), Andrea Moritz. Marken und Betriebe seien in Gefahr, wenn die absurdesten Vorwürfe ins Internet gestellt werden. Rechtliche Grundsätze würden nicht beachtet.
An diesem Mittwoch werden die Hessen den Wirtschaftsverbänden ihr Konzept vorstellen. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will an der Nennung von Rosstäuschern unbedingt festhalten. „Die Verbraucherzentralen werden die Hinweise der Konsumenten prüfen und entsprechend im Internet veröffentlichen“, stellt die Ministerin klar.
Die Initiatoren haben eine Reihe von Sicherheitshürden aufgebaut, damit die Plattform nicht missbraucht werden kann. So prüfen Fachleute jeden Vorwurf und holen eine Stellungnahme dazu beim betreffenden Unternehmen ein. Erst dann wird das Produkt auch öffentlich genannt. Anonyme Hinweise werden ebenso wie Schmähbriefe gar nicht erst beachtet.
Unklar ist jedoch noch, welche Lebensmittel am Ende tatsächlich namentlich genannt werden. Denn es gibt Einschränkungen im Umgang mit der Klarheit. Wenn Produzenten alle rechtlichen Kennzeichnungsregeln einhalten, die Aufmachung aber trotzdem in die Irre führt, wird das Produkt nicht genannt. Das wäre zum Beispiel bei Schwarzwälder Schinken der Fall, wenn Verbraucher mit der Bezeichnung die Herkunft des Schweines und nicht die Zubereitungsart verbinden. Dann wird ein neutrales Bild für die Veranschaulichung des Problems verwendet. Auch gibt es offenkundig noch Grauzonen bei der Entscheidung, wann ein Unternehmen öffentlich genannt wird und wann nicht. Bei Rechtsverstößen wird es keine Nennung geben. Hier schreiten die Behörden kurzerhand ein.
Erste Profiteure des geplanten Internetportals gibt es auch schon. Rechtsanwälte bieten der Lebensmittelwirtschaft ihren Rat an und veranstalten Seminare auf denen vorbeugende Maßnahmen gegen das Erscheinen auf der schwarzen Liste erörtert werden. 249 Euro verlangt die Gummersbacher Kanzlei Krell Weyland Grube für die Hilfestellung im Umgang mit der Klarheit und Wahrheit