Berlins Bürgermeister kommt aus dem Flughafen-Desaster nicht heraus
Für Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit war 2012 ein schlechtes Jahr. Es endete damit, dass die Stadtillustrierte Tip einen häßlichen Witz auf Kosten des SPD-Politikers machte. Wowereit wurde zum „peinlichsten Berliner“ gekürt.
Diese Verhöhnung markiert für den Regierungschef der Bundeshauptstadt, der eine große Koalition mit der CDU leitet, mehr als ein normales Stimmungstief. Früher verkörperte Wowereit das Lebensgefühl der international attraktiven Metropole des Amüsements. Höchstpersönlich surfte er durch das Nachtleben der Vernisagen, Clubs und Partys. Nun bescheinigen Umfragen ihm und seiner Partei desaströse Beliebtheitswerte. Mittlerweile liegt die SPD hinter der CDU.
Auslöser des Niedergangs ist das haarsträubende Missmanagement, das Wowereit als Aufsichtsratschef des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg zu verantworten hat. Das Bauprojekt hat sich in dreifacher Hinsicht zu einem Desaster entwickelt. Erstens ist nach mehrmaliger Verschiebung auch der jetzt geplante Eröffnungstermin nicht sicher. Wowereit selbst will nicht garantieren, dass ab 27. Oktober 2013 tatsächlich Flugzeuge vom Airport „Willy Brandt“ abheben.
Zweitens muss man damit rechnen, dass auch die nunmehr einkalkulierten 4,3 Milliarden Euro nicht ausreichen. Und drittens zeichnet sich die Notwendigkeit ab, gleich nach der Eröffnung weiterzubauen. Offenbar sind die Abfertigungsgebäude zu klein geraten, um den zunehmenden Touristenstrom zu bewältigen.
Wie sehr dieser Misserfolg das politische und persönliche Fundament des 59jährigen Wowereit untergräbt, zeigen eigene Äußerungen. Unlängst sagte er: „Ich bin gerade erst gewählt worden als Regierender Bürgermeister für fünf Jahre, und das gilt.“ Ein Spitzenpolitiker, der beteuern muss, nicht vorzeitig zurücktreten zu wollen, ist schwach.
Das bemerken auch Wowereits Gegner. Sie ziehen den Ring enger. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der den Bund als Mitgesellschafter des Flughafens vertritt, wirft dem Bürgermeister ständig Knüppel zwischen die Beine. Mal zweifelt er den Eröffnungstermin öffentlich an, mal fordert er den Rücktritt von Flughafen-Geschäftsführer Rainer Schwarz, den Wowereit vorläufig halten will. Und mit Dirk Fischer, dem verkehrspolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, verlangte unlängst ein herausgehobener CDU-Politiker, dass Wowereit persönliche Konsequenzen ziehen und „den Vorsitz des Flughafen-Aufsichtsrats niederlegen“ solle.
In der SPD verliert der Bürgermeister ebenfalls an Unterstützung. Mit Fraktionschef Raed Saleh (35) und dem Parteivorsitzenden Jan Stöß (39) hat sich ein konkurrierendes Führungsduo etabliert, das Wowereit auf die Dauer ablösen will. Gegenwärtig halten sich die vergleichsweise jungen Herausforderer selbst aber noch für zu schwach, um den großen Machtkampf zu ihren Gunsten zu entscheiden.
Ähnlich sieht es bei den Grünen aus. Nach dem Abschied der früheren Spitzenkräfte Renate Künast und Volker Ratzmann aus der Landespolitik fehlt es der Fraktionsvorsitzenden Ramona Pop (35) bislang an politischer Breitenwirkung und dem Angebot einer alternativen Machtkonstellation. Denn gegenwärtig zieht die Wowereit-SPD die CDU den Grünen vor.
So kann Wowereit, angeschlagen wie er ist, trotzdem vorerst weiterregieren. Berlins Regierender Party-Meister hat seinen letzten Tango noch nicht getanzt. Wird aber beispielsweise die Eröffnung des Flughafens zum vierten Mal verschoben, könnten die Einladungen bald verschickt werden.