Fraglich, ob die Konferenz von Durban Klima-Fortschritt bringt. Die Deutschen kratzt das nicht
Die schwarzen Kästen, die in deutschen Kellern hängen, sind schon fast Überbleibsel einer vergangenen Zeit. Sie sind dumm, und ihre Nachfolger werden intelligent sein. Bis heute erledigen Stromzähler nur exakt eine Aufgabe: Sie zählen die Kilowattstunden, die die Waschmaschine, der Herd und all die anderen Elektrogeräte im Haushalt verbrauchen. Künftig aber können die Strommesser mehr.
Quer durch die Republik experimentieren Energieversorger bereits mit modernen Kleincomputern für Privathaushalte. Diese entscheiden bald selbstständig, wann die volle Spülmaschine angestellt oder das Wasser für Heizung und Dusche erwärmt wird. Beispielsweise dann, wenn billiger Sonnen- und Windstrom im Überfluss zur Verfügung steht und man auf Elektrizität aus Kohlekraftwerken verzichten kann. Das ist die Zukunft: Intelligente Stromzähler dienen der Geldersparnis und dem Klimaschutz.
Die Einführung der Hightechgeräte ist eine konkrete Auswirkung globaler Klimapolitik, wie sie ab Montag kommender Woche in der südafrikanischen Stadt Durban stattfindet. Wie schafft es die Welt, den Ausstoß von Treibhausgasen aus der Energieerzeugung mit Kohle, Öl und Gas zu verringern, um den Klimawandel zu bremsen? So lautet die große Frage, die tausende Politiker, Aktivisten und Lobbyisten aus fast allen Ländern dieser Erde bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen zu beantworten versuchen.
Zur Zeit gibt es noch einen internationalen Vertrag mit Maßnahmen gegen den Klimawandel: das Kyoto-Protokoll von 1997. Aber 2012 läuft die Vereinbarung aus. Bei ihren Verhandlungen über einen Nachfolgevertrag sind die Regierungen in den vergangenen Jahren immer wieder an einem zentralen Konflikt gescheitert. Eigentlich müsste jedes Land eine Verpflichtung eingehen, seinen Ausstoß beispielsweise von klimaschädlichem Kohlendioxid auf eine bestimmte Menge zu begrenzen.
Die Mehrheit der Staaten war bisher dazu bereit, darunter auch Deutschland. Die hiesigen CO2-Emissionen müssen bis 2012 um 21 Prozent unter dem Stand von 1990 liegen. So wie es ausssieht, schafft Deutschland diese Reduzierung. Auch die meisten anderen Industrieländer liegen einigermaßen im Rennen.
Wichtige Staaten hingegen, die einen großen Teil des Kohlendioxid-Ausstoßes verursachen, wollen sich bislang nicht auf Obergrenzen festlegen. Zum Beispiel China: Die Regierung in Peking fürchtet, weniger Straßen, Fabriken, Krankenhäuser und Schulen bauen zu können, wenn Wohlstands- und Wirtschaftswachstum durch strikten Klimaschutz behindert würden. Und die USA sind ein spezieller Fall: Dort blockieren sich die Parteien der Demokraten und Republikaner dermaßen, dass Zugeständnisse der größten Wirtschaftsnation illusorisch erscheinen. Das lässt für die Konferenz von Durban nichts Gutes erwarten. „In den USA liegt der Schlüssel“ für den Erfolg der Verhandlungen, sagt Jochen Flasbarth, der Chef des Umweltbundesamtes.
Was aber ist, wenn sich die USA nicht bewegen? Dann wird es auf dem entscheidenden Feld keinen Fortschritt geben. Die Herausforderung beschreibt Regierungsberater Dirk Messner vom Beirat für Globale Umweltveränderungen so: Bis 2050 dürfe die Erdatmosphäre höchstens noch mit 750 Milliarden Tonnen Kohlendioxid zusätzlich belastet werden. Überschreite die Weltgemeinschaft diese Menge, stiege die globale Durchschnittstemperatur um mehr als zwei Grad an. Die Pole würden schneller schmelzen, ebenso so die Eis- und Schneemassen hoher Gebirge wie des Himalaya. Überschwemmungen, Dürre und verheerende Stürme wären die Folge.
Die Aussichten, dass die Konferenz von Durban eine für alle verbindliche Mengenbegrenzung vereinbart, sind trotzdem schlecht. Aber zu kleineren Fortschritten könnte es durchaus kommen. Beim Schutz der großen Waldgebiete etwa in Südamerika hofft UBA-Chef Flasbarth auf mehr gemeinsame Projekte von Schwellen- und Industrieländern und die dafür notwendigen Mittel des neuen Weltklima-Fonds, der ab 2020 jährlich 74 Milliarden Euro für Klimaschutz bereitstellen soll.
Dieses Geld wird auch aus Deutschland kommen, erwirtschaftet durch Steuern. Die Bundesregierung ist bislang auf einem erstaunlichen Weg. Obwohl China, Indien und die USA sich einer Einigung widersetzen, strebt Deutschland wie kaum ein anderer Staat in die kohlenstofffreie Energiezukunft. 2050 soll fast der komplette Strom aus erneuerbaren Quellen fließen. Bisher tragen die Bundesbürger diese Politik mit, von gelegentlichen Widerworten abgesehen.
Intelligente Stromzähler, Blockheizkraftwerke im Keller, Windturbinen, Solaranlagen und Elektroautos plus der notwendigen neuen Infrastruktur sind nicht kostenlos. Scheinbar allerdings sind die Deutschen bereit, bei Energie und Klimaschutz vorausschauend zu handeln. Regierungsberater Messner sagt es so: Heute Windanlagen zu bauen sei viel billiger als später die Deiche rund um Europa zu erhöhen, weil der Meeresspiegel infolge des Klimawandels steige. Das ist die positive Sicht. Aber es gibt auch die negative: Vielleicht müssen wir beides bezahlen.