Der Kommentar
Früher hießen die Feinde des Hungers Entwicklungspolitik, Demokratisierung, Bildung und Investitionen. All dies sind Elemente, mit denen die Politik dem Mangel an Nahrungsmitteln begegnet. Die Ziele der Vereinten Nationen sind hoch gesteckt. Die Weltgemeinschaft will Zahl der Hungernden bis Mitte dieses Jahrzehnts halbieren. Doch nun gefährdet eine in ihren Ausmaßen noch junge Entwicklung dem globalen Schulterschluss. Weizen, Raps, Kaffee und Schweinehälften sind Teil der Finanzmärkte geworden. Die Nahrungsmittelproduktion dient nicht mehr allein der Ernährung. Sie füllt auch die Taschen von Spekulanten und kapitalkräftigen Geldanlegern. Das hat fatale Folgen, denn der Markt kennt keine Moral.
Der Handel sorgt für stark steigende Preise oder zumindest für große Schwankungen. In den Industrieländern schlägt sich dies nur begrenzt in den Verbraucherpreisen wieder. Deshalb muss niemand auf Lebensmittel verzichten. Die Bevölkerung in armen Ländern wird dagegen schnell zum Spielball der Spekulanten. Das Essen wird für sie zu teuer. Der Hunger verbreitet sich statt abzunehmen. Allein schon deshalb muss die Politik die Märkte so regulieren, dass keine rein spekulativen Preisblasen entstehen können.
Das Problem ist längst erkannt, aber noch nicht gelöst. Daran wird auch die Agrarministerkonferenz auf der Grünen Woche in Berlin nichts ändern. Die Finanzkrise hat gezeigt, wie gering der politische Wille in Fragen der Regulierung mancherorts ist. Auch hier gilt, dass die Bestie nur gemeinsam gebändigt werden kann.
Glaube nur niemand, die Deutschen könnten sich diese Fehlentwicklung noch gut leisten. Mit wachsender Weltbevölkerung wird die Erzeugung und Verteilung von Nahrungsmitteln eine der Kernaufgaben der nächsten Jahrzehnte. Die Zeit billiger Lebensmittel geht zu Ende. Mehr und mehr werden die Ladenpreise hier dann auch von den Weltmärkten bestimmt. Den Auswüchsen dieser Märkte kann man sich nicht früh genug erwehren.