Gegen die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken reichen fünf Landesregierungen, sowie SPD und Grüne Verfassungsklage in Karlsruhe ein
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat beschlossen, die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern. Dagegen klagen beim Bundesverfassungsgericht nun fünf Bundesländer, sowie die sozialdemokratischen und grünen Abgeordneten des Bundestages.
Wer klagt genau?
Es sind die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, wo in unterschiedlicher Kombination SPD, Grüne und Linke regieren. Gleichzeitig klagen die Bundestagsabgeordneten der SPD und Grünen.
Was wollen die Kläger erreichen?
Im September 2010 hat die schwarz-gelbe Koalition im Rahmen ihres neuen Energiekonzeptes beschlossen, die Laufzeit älterer Kraftwerke um acht Jahre, die Betriebsdauer neuer AKW, die nach 1980 ans Netz gegangen sind, um 14 Jahre zu verlängern. Die Kläger wollen dagegen erreichen, dass es beim 2002 beschlossenen rot-grünen Atomausstieg bleibt. Bremens grüner Umweltsenator Reinhard Loske will beispielsweise durchsetzen, dass das benachbarte Atomkraftwerk Unterweser baldmöglichst den Betrieb einstellt. Der rheinland-pfälzische Staatssekretär Karl-Heinz Klär wandte sich am Montag unter anderem gegen das Kraftwerk Biblis, das „in den vergangenen zehn Jahren 220 Störfälle“ gemeldet habe.
Welches ist das wichtigste Argument der Länder?
Union und FDP haben den Bundesrat, die Vertretung der Länder, beim Beschluss über das Energiekonzept nicht beteiligt. Weil sie nicht abstimmen durften, sehen sich die Länder in ihren Rechten verletzt. Wegen der längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke käme auf die Aufsichtsbehörden der Länder mehr Arbeit zu, argumentierte Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel. Bremens Umweltsenator Loske führte ins Feld, die Polizei des Landes müsse ständig Atomtransporte in den Häfen schützen. Wegen dieser direkten Betroffenheit der Länder dürften die längeren Laufzeiten nicht ohne ihre vorherige Mitwirkung umgesetzt werden, lautet die Kritik.
Was kritisieren die Abgeordneten?
Die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Frank-Walter Steinmeier und Jürgen Trittin, bemängelten am Montag, dass die von Union und FDP beschlossene 12. Novelle des Atomgesetzes unter anderem eine Möglichkeit biete, die Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke gegenüber dem bisher Notwendigen zu senken. Ohne diese Hintertüre, argumentierte die Opposition, sei es gar nicht möglich, alte Atomkraftwerke weitere Jahre in Betrieb zu halten. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) weist diesen Verdacht zurück.
Wie sind die Aussichten der Klage?
Wie das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird, ist nicht abzusehen. Länder und Bundestagsopposision hoffen auf ein baldiges Urteil. Es kann aber auch zwei bis drei Jahre dauern.
Wie sähe die politische Wirkung aus?
Weist das Gericht die Klage zurück, wäre das ein Sieg von Schwarz-Gelb. Gäbe das BVG der Klage statt, würde die Merkel-Regierung um das Energiekonzept gebracht, einen ihrer wenigen Erfolge.