Skandale gibt es trotz Kontrollen

Zu wenig Kontrolleure und kein Mittel gegen Kriminalität

Mit dem Dioxinskandal wird auch wieder über Art und Umfang der Kontrollen in Deutschland debattiert. Die Forderungen nach einer besseren Überwachung werden wieder lauter. Wie steht es also um die amtlichen Prüfungen?

Die Kontrolle von Lebens- oder Futtermitteln liegt in den Händen der Bundesländer. Sie müssen mehr als eine Million Betriebe im Blick behalten. Die Bandbreite der Firmen ist groß und reicht von der Tierfutterindustrie über die Landwirte bis hin zu Nahrungsmittelherstellern, Restaurants und Imbissbuden. Der großen Zahl von Betrieben steht mit 2.500 Prüfern eine vergleichsweise kleie Zahl von Kontrolleuren gegenüber. Der Verband der Lebensmittelkontrolleure schlägt in diesen Tagen nicht zum ersten Mal Alarm. "Uns fehlen bis zu 1500 Kontrolleure, um spürbaren Überwachungsdruck auf die Branche ausüben zu können", kritisiert Verbands-Chef Martin Müller. Mitunter muss sich ein Prüfer um 1.200 Firmen kümmern.

In den Bundesländern nehmen die Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter die Kontrollaufgaben wahr. Nach den Gammelfleischskandalen der letzten Jahre hat es dabei deutliche Verbesserungen gegeben. So wurde eine zusätzliche Sicherheitsbarriere eingezogen, die sich im aktuellen Fall der Dioxinfunde als hilfreich erweist. Tierfutterhersteller oder Nahrungsmittelproduzenten müssen die Qualität der von ihnen eingesetzten Rohstoffe selbst kontrollieren und Buch über den Kauf von Rohwaren oder Zutaten führen. Bedenkliche Messwerte müssen den Behörden gemeldet werden. Auf diese Weise wurden die Behörden auch über die Dioxinbelastung infomiert. Die Dokumentationspflichten helfen dabei, die Herkunft und den Verbleib möglicherweise gesundheitsgefährdender Erzeugnisse schnell zu klären.

Im aktuellen Fall führte die Dokumentation zur Ermittlung von bisher 4.700 Betrieben, die mit verseuchtem Tierfutter beliefert wurden. Sie wurden gesperrt, dürfen ihre Produkte also nicht mehr verkaufen, bis sie untersucht worden sind. „Der vorsorgende Verbraucherschutz hat Vorrang“, verteidigt das Bundesverbraucherministerium das Vorgehen, das insbesondere bei den Landwirten hohe Verluste verursacht. Für den Schaden muss am Ende der Verursacher haften. Am kommenden Montag will das Ministerium zusammen mit den landwirtschaftlichen Verbänden und Verbraucherschützern über Wege zur Schadensregulierung sprechen.

Als Folge vergangener Skandale wurden auch die Informationsrechte der Behörden erweitert. Sie dürfen nun auch die Namen der betroffenen Unternehmen nennen. Das geschah in diesen Tagen zum ersten Mal. Doch Verbraucherschützer sind mit dem Überwachungssystem noch immer nicht zufrieden. Sie kritisieren fehlende Informationen für die Konsumenten darüber, welche Eier oder welches Fleisch mit Dioxin belastet ist. Sie verlangen daher weitergehende Informationspflichten der Ämter.

Mit zusätzlichen Kontrollen können jedoch nicht alle Probleme gelöst werden. Wenn zum Beispiel Futtervorlieferanten bewusst und geheim zur Tierzucht ungeeignete billige Rohware einsetzen, weil so große Gewinne möglich werden, helfen Kontrollen nur bedingt.