Hässlich und klobig war gestern/ Altersgerechte Alltagshelfer wie ergonomisch geformte Scheren oder hörerlose Freisprechtelefone sind heute schick/ Beim Kauf zählt eine gute Beratung
Futuristisch anmutende Salatschleudern, bunte sternförmige Flaschenöffner, die in gut in der Hand liegen oder pastellfarbig leuchtende Türgriffe: So sehen Alltagshilfen für Ältere heute aus. Auf modernes Design braucht die Generation 50 Plus nicht mehr verzichten. Denn die Hersteller setzen verstärkt auf praktische und schicke Produkte, die Jung und Alt gleichermaßen ansprechen.
Ein Leben lang sollen die Artikel Konsumenten begleiten. Diesen Anspruch hegen immer mehr Unternehmen. „Universal Design“ oder „Design für Alle“ nennen sie das, oder ganz einfach „demografiefest“. „In demografiefesten Lösungen liegt die Zukunft“, sagt der Hamburger Designer Mathias Knigge, „also in Produkten, die man im Alter von 40 Jahren kauft und die man mit 60 oder 70 Jahren immer noch nutzen kann.“ Alltagsprodukten sehe man es zwar noch nicht immer an, dass der demografische Wandel für die Unternehmen immer mehr in den Mittelpunkt rückt. An Strategien werde aber schon gefeilt.
Ingrid Krauß vom Internationalen Design Zentrum Berlin (IDZ) weiß, was die modernen Helfer so alles können. Hört man ihr zu, möchte man am liebsten selbst gleich einen davon in den Händen halten und ausprobieren. „Oft sind es die kleinen Dinge, die den Alltag extrem erleichtern“, sagt die Leiterin des Projekts „Universal Design“. Da gebe es die Salatschleuder, die wie ein Brummkreisel funktioniert und mit einer Hand betrieben werden kann oder diverse einfach bedienbare Dosen- und Flaschenöffner.
Dass es viele der kleinen intelligenten Produkte schon im Supermarkt zu kaufen gibt, wissen viele nicht. “Sie sind leicht zu übersehen und man geht einfach an ihnen vorbei“, erläutert Krauß, die von den kleinen sternförmigen Flaschenöffnern so begeistert ist, dass sie gleich selbst welche für ihre Kinder besorgt hat. Die helfen dem Nachwuchs beim aufdrehen von Plastikverschlüssen wie sie bei Limonaden zu finden sind. Auch für Ältere ein durchaus sinnvolles Hilfsmittel.
Vor allem im Sanitärbereich und der Fahrzeugbranche hat sich in den vergangenen Jahren viel bewegt. Das beobachtet Martina Koepp, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT). Und: Die Küche gewinnt für die Industrie zunehmend an Bedeutung. Fragt man die GGT-Chefin was denn das gelungenste Altenprodukt in ihren Augen sei, muss sie nicht lange überlegen. „Das I-Phone“, sprudelt es prompt aus ihr heraus. „Obwohl es dafür gar nicht konzipiert wurde.“
„Das I-Phone“: Diese Antwort, mag bei manch einem ein heftiges Raunen nebst Kopfschütteln hervorrufen. Doch sie findet Unterstützung. Designer Knigge aus der Hansestadt beobachtet, dass „verhältnismäßig viele über 50-Jährige“ ein solches Gerät besitzen. „Vom Bedienungskonzept ist es einfacher als andere Mobiltelefone“, begründet er den Erfolg des Smartphones. „Es ist selbsterklärend und kommt ohne 20-seitige Bedienungsanleitung aus“, fügt GGT-Chefin Koepp hinzu.
Mit speziellen „Seniorenhandys“ oder „Senioren-Telefonen“, etwa mit extra großen Tasten, punkten die Hersteller hingegen kaum. Durch die Begriffe fühlen sich ältere Menschen stigmatisiert. „Seniorenprodukte sprechen Ältere über ihre Defizite an“, erläutert Designer Knigge, warum die Waren wenig Anklang finden. Gerade im Alter wollen wir aber nicht über Probleme angesprochen werden, sagt er. „Wer will schon über sein Telefon zeigen wie alt er ist.“
Seit 2008 können Firmen für ihre Produkte das Universal-Design-Logo des TÜV Nord erwerben. Daran erkennen Verbraucher, dass ein Artikel den Kriterien des Universal Designs entspricht, also gut handhabbar, technisch sicher und generationenübergreifend attraktiv ist. Das ganze hat nur einen Haken: Erst eine handvoll Produkte ziert das Qualitätszeichen im Moment.
Doch wie können ältere Konsumenten dann herausfinden, ob das Radio oder der Wecker ihren Ansprüchen genügt? Auf die Beratung kommt es an, sagen Experten. “Käufer sollten sich einen Laden suchen, der die Beratung ernst nimmt“, empfiehlt Mathias Knigge. Gute Verkäufer erkennen, wie sie Defizite richtig einordnen und darauf im Gespräch eingehen können.
Seit 2010 gibt es das Logo „Generationenfreundliches Einkaufen“. Es zeichnet Einzelhändler aus, die über serviceorientiertes Personal verfügen und ihre Geschäfte zum Beispiel durch schwellenlose Eingänge oder Sitzmöglichkeiten seniorenfreundlich gestalten. Fast 500 Läden tragen das Zeichen inzwischen. Wer in einem davon die Frage „Wo finde ich einen einfachen Wecker?“ stellt, sollte nicht mit der Antwort „In der Kinderabteilung“ Vorlieb nehmen müssen. Auch das soll schon vorgekommen sein. Online unter
www.generationenfreundliches-einkaufen.de (Rubrik „Wir sind zertifiziert“) ist eine Liste der Händler zu finden.