Die dritte Umdrehung der Schuldenschraube

Was die neuerliche Bankenkrise bedeutet – und wie die Politik gegensteuert

Weil die Rating-Agentur Moody´s am Freitag zwölf britische und neun portugiesische Banken herabstufte, wird die Situation der europäischen Finanzhäuser insgesamt prekärer. Drei Jahre nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers ist eine neue Bankenkrise nicht unwahrscheinlich. Wie mag sich diese entwickeln, welche Auswirkungen hat sie möglicherweise für Bürger und Unternehmen und wie kann die Politik gegensteuern?

Die Alarmsignale leuchten

Wenn Rating-Agenturen die Bonität von Staaten oder Banken herabstufen, mögen diese Urteile mitunter fragwürdig sein. Die Agenturen machen das aber nicht aus Jux und Tollerei – sie haben die Aufgabe, Investoren davor zu warnen, dass ihr Geld eventuell in Gefahr ist. Im Falle der französisch-belgischen Bank Dexia scheint diese Situation schon da zu sein. Damit das Institut nicht zusammenbricht, wollen es die französische und belgische Regierung stützen. Ein weiteres Warnsignal: Kreditausfallversicherungen werden teurer. Das bedeutet: Kapitalgeber haben mehr Sorgen, dass die Darlehen, die sie Staaten und Banken gegeben haben, nicht oder nur teilweise zurückgezahlt werden. Eine wichtige Ursache für die aktuelle Schwäche vieler Banken ist, dass der Wert von Staatsanleihen Griechenlands und anderer EU-Staaten sinkt, die die Finanzinstitute in den vergangenen Jahren gekauft haben. Deshalb müssen die Institute wohl einen Teil ihres Kapitals als Verlust abschreiben.

Wenn der Geldkreislauf versiegt

Geraten einzelne Banken in Schwierigkeiten, sind andere Institute weniger bereit, diesen Kredite zu geben. Kurzfristige Darlehen von Bank zu Bank sind jedoch für den normalen Betrieb notwendig – die meisten Institute können große Geschäfte nur mit Hilfe der Konkurrenz abwickeln. Wenn nun das Misstrauen stark zunimmt, leihen sich die Banken untereinander kaum noch Geld – wie 2008. Dann fällt es den Instituten auch schwerer, Kredite an Industrieunternehmen zu vergeben. Darüber klagten 2009 viele deutsche Firmen. In letzter Konsequenz bekommen Firmen keine Kredite für Investitionen und müssen Arbeitsplätze streichen.

Risiko für die Sparkonten

In allerletzter Konsequenz würden Bürger nach Bankenzusammenbrüchen keine Scheine mehr aus den Geldautomaten erhalten und könnten ihre Sparguthaben nicht mehr abheben. Dieses Risiko ist allerdings nur ein theoretisches. Kurz nachdem im Herbst 2008 die New Yorker Lehman Bank kollabiert war, sprachen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück eine staatliche Garantie für die Ersparnisse der Bundesbürger aus. Außerdem gibt es die Einlagensicherung, die die Bankkonten bis zu einer bestimmten Höhe schützt.

Geld von der Zentralbank

Damit der Geldkreislauf zwischen den Banken sowie zwischen Insituten und Verbrauchern in Gang bleibt, können sich die Finanzhäuser auch in normalen Zeiten Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen. In der gegenwärtigen Krise steigt die Summe diesen Zentralbankgeldes stark an: Vergangene Wochen waren es rund 700 Milliarden Euro. Und am vergangenen Donnerstag kündigte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet an, den Geschäftsbanken im Rahmen zweier neuer Programme günstige Kredite bis ins Jahr 2012 hinein zur Verfügung zu stellen.

Geld von den Regierungen

Der zweite Weg, Banken vor dem Zusammenbruch zu bewahren, besteht darin, ihnen Geld der Regierungen, letztlich der Steuerzahler anzubieten. Nach dem Lehman-Crash gründete die Bundesregierung dafür den Bankenrettungsfonds Soffin, der über bis zu 480 Milliarden Euro verfügte. Neue Anträge hilfsbedürftiger Institute sind dort jetzt nicht mehr möglich. Grundsätzlich könnte man den Mechanismus aber wieder in Gang setzen. Wenn Banken durch Staatspleiten oder den Wertverfall von Staatsanleihen in Schwierigkeiten geraten, kann außerdem der neue europäische Stabilisierungsfonds EFSF einspringen.

Die Kosten der dritten Krise

Die Finanzkrise ab 2007 haben die Regierungen einigermaßen bewältigt, indem sie den Banken mit hunderten Milliarden Euro und Dollar halfen. Dadurch aber stieg die Staatsverschuldung, weshalb nun auch schwächere Länder durch ökonomisch stärkere unterstützt werden. Jetzt setzt die dritte Umdrehung der Schuldenschraube ein: Erneut brauchen Banken staatliche Hilfe. Wenige Regierungen sind dazu noch in der Lage. Die EZB springt ein, indem sie mehr Geld auf den Markt schleust. Eine mögliche Folge: höhere Inflation.