Bald sind internationale Kontonummern Pflicht/ Das könnte manch einem Bankkunden den letzten Nerv rauben
Bankkunden müssen sich in naher Zukunft auf längere Kontonummern einstellen. Die 22-stelligen Nummern sollen den Zahlungsverkehr in Europa einheitlich und damit leichter machen. Schon heute sind die langen Ziffernreihen Pflicht – bei Überweisungen ins europäische Ausland. Das neue System wird frühestens Ende 2011 in Kraft treten. Die Umstellung bringt Probleme mit sich.
Einen einheitlichen europäischen Zahlungsraum soll es künftig geben. SEPA (engl.: Single Euro Payments Area) nennen ihn die Brüssler Parlamentarier. Für Bankkunden bedeutet SEPA neue Kontonummern und Bankleitzahlen. Wann alle Europäer letztendlich mit den neuen Nummern Bankgeschäfte tätigen müssen, entscheidet sich im Herbst. Dann wird die EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag für ein gesetzliches Ultimatum machen.
IBAN, also International Bank Account Number, heißen die neuen Kontonummern. Sie bestehen aus einer 22-stelligen Buchstaben- und Ziffernkombination, die sich aus der bisherigen Bankleitzahl und der gewohnten Kontonummer, der Länderkennung (zum Beispiel DE für Deutschland, FR für Frankreich) und einer zweistelligen Prüfziffer zusammensetzt. Wer schon einmal mit dem Einprägen anfangen möchte, wirft einfach einen Blick auf den letzten Kontoauszug. Schon seit 2003 drucken deutsche Banken die IBAN auf die Finanzübersicht. Die Bankleitzahl nennt sich übrigens künftig BIC (Bank Identifier Code) und ist elfstellig.
Die Umstellung auf SEPA wird in Schritten erfolgen: zuerst werden die neuen Nummern für alle Überweisungen gelten, voraussichtlich ein Jahr später auch für Lastschriften. Frühestens Ende 2011 rechnet der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) mit der flächendeckenden Einführung der SEPA-Überweisung. Im Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) in Kehl geht man davon aus, dass Bankkunden frühestens Anfang 2012 das einheitliche Formular benutzen müssen. Warum ein einheitlicher europäischer Zahlungsverkehr sinnvoll ist, erklärt der Kehler Verbraucherschützer André Schulze-Wethmar: „Derzeit existieren in Deutschland drei Systeme für Überweisungen: die Inlandsüberweisung, die SEPA-Überweisung und die EU-Überweisung“, so der EVZ-Jurist. Das sei ineffizient und wäre genauso, als wenn man neben Euro noch in D-Mark bezahlen könne.
Auf Verbraucher könnten durch die Vereinheitlichung des europäischen Zahlungsverkehrs durchaus Probleme zurollen.
Beim Bundesverband der Verbraucherschützer (vzbv) sorgt man sich darum, dass die Pflicht-Umstellung samt neuer Kontonummern, Bankleitzahlen und Überweisungsträgern etwas zu schnell erfolgt. „Zu kurze Übergangsfristen könnten zum Chaos führen“, so Bankenreferent Christian Pauli. „Verbraucher müssen Zeit haben, das neue System zu trainieren. Vor allem ältere und sehbehinderte Menschen werden Probleme mit den langen Zahlenreihen haben.“
Das neue Bezahlsystem dürfte so manch einem Bankkunden den letzten Nerv rauben. Sämtliche Daueraufträge, sei es der für die Miete, für das Telefon, die Gaszahlung bis hin zum Beitrag für den Sportverein, müssen auf die neuen Angaben umgestellt werden. Damit niemand in Verzug gerät, wollen die Banken alle Haushalte aber rechtzeitig informieren.
Auch für Unternehmen bleibt die Umstellung nicht folgenlos. Firmen, die per Lastschriftverfahren arbeiten wie zum Beispiel Stromkonzerne oder Telekommunikationsanbieter, benötigen von jedem Kunden ein neues SEPA-Mandat, also eine neue Einwilligung für das veränderte, europaweite Lastschriftverfahren. „Rein rechtlich dürfen sie die bisherigen Einwilligungen nicht einfach
umdeuten“, erklärt Michaela Roth
vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV).
Längere Kontonummern und Bankleitzahlen bergen darüber hinaus die Gefahr, dass sich Fehler beim Eintippen der Daten am Überweisungsautomaten oder beim Ausfüllen der Überweisungsformulare einschleichen. Vor kleinen Zahlendrehern müssen Bankkunden aber keine Angst, haben, denn die sind nicht dramatisch. „Selbst wenn das Geld auf einem falschen Konto landet, kommt es in den meisten Fällen zurück, weil die falsche Kontonummer gar nicht existiert“, sagt EVZ-Experte Schulze-Wethmar. Im Fall, dass doch einmal etwas richtig schief geht und ein Fremder die Überweisung erhält, sieht es mit der Rückerstattung allerdings schwierig aus. Dann müssen sich die Betroffenen über die Hausbank mit dem Empfänger in Verbindung setzen.
Grenzüberschreitende Überweisungen machen hierzulande ein bis zwei Prozent aller Überweisungen aus. Für den normalen Verbraucher bringt die Umstellung auf SEPA also eher Nachteile mit sich.