Griechenland muss Reformen zustimmen, bevor es Geld bekommt, sagt CDU-Politiker Barthel
Hannes Koch: Für den 27. Februar ist eine Sondersitzung des Bundestages anberaumt, um endgültig über das Hilfspaket für Griechenland zu entscheiden. Rechnen Sie damit, dass dann mehr Geld nötig sein wird als die schon eingeplanten 130 Milliarden Euro?
Norbert Barthle: Nein, nach allem, was wir wissen, sollte dieser Gesamtbetrag ausreichen, den die Mitglieder der Eurozone und der Internationale Währungsfonds aufbringen wollen.
Koch: Die Verschuldung Griechenlands steigt aber weiter, die Wirtschaft erholt sich nicht. Athen verhandelt mit den privaten Gläubigern schon über einen größeren Schuldenschnitt. Deshalb erscheint es plausibel, dass die Regierungen ebenfalls zusätzliche Mittel geben müssen.
Barthle: Ich gehe davon aus, dass die finanzielle Lücke anderweitig geschlossen wird – möglicherweise durch einen höheren Beitrag der Banken, die auf einen Teil ihres Kapitals verzichten, das sie Griechenland geliehen haben.
Koch: Deutet die vergleichsweise lange Frist bis Ende Februar daraufhin, dass die Hoffnung schwindet, die griechische Regierung auf Linie zu bringen?
Barthle: Nein, aber klar ist, dass Athen bis jetzt nicht alle Auflagen und Forderungen erfüllt hat, die die EU, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds verlangen. Griechenland muss erst liefern und mit der Umsetzung wirksamer Maßnahmen beginnen, bevor wir den deutschen Anteil der 130 Milliarden Euro freigeben können. Die griechischen Parteiführungen sollten entsprechende Beschlüsse fassen und schriftlich versichern, dass sie auch die weiteren Auflagen erfüllen. Das erwarten wir.
Koch: Nimmt die Kritik an Griechenland in der Fraktion der Union zu?
Barthle: Die kritischen Stimmen sind jedenfalls nicht leiser geworden. Manche meiner Kollegen äußern den Eindruck, dass Regierung, Parlamentsmehrheit und Verwaltung in Athen nicht willens oder nicht in der Lage seien, die notwendigen Reformen voranzutreiben.
Koch: Wie ist Ihre persönliche Prognose – wird man den griechischen Knoten schließlich durchschlagen?
Barthle: Das ist schwer einzuschätzen. Dafür müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: weitere Zugeständnisse der privaten Gläubiger, glaubwürdige Reformen und Sparmaßnahmen der Regierung. Kommt es dazu, wird der Bundestag die finanzielle Hilfe freigeben. Bis dahin gibt es aber noch viele kritische Nachfragen.
Koch: Wie reagieren die Wähler in Ihrem Wahlkreis angesichts der Euro-Hängepartie?
Barthle: Die Bürger erkennen einerseits, dass unsere Strategie durchaus Früchte trägt. Sie unterstützen uns darin, Reformen von verschuldeten Ländern zu verlangen und gleichzeitig finanzielle Hilfe erst zu gewähren, wenn die Auflagen erfüllt werden. Dass die Zustimmung zu dieser zweigleisigen Politik der Bundesregierung zunimmt, sieht man an den steigenden Umfragewerten der Bundeskanzelerin und der Union. Andererseits fragen sich viele Menschen aber auch, ob Griechenland überhaupt in der Lage ist, seine Situation selbst schnell zu verbessern. Es herrscht ein ziemliches Unverständnis angesichts der offensichtlichen Unfähigkeit etwa der dortigen Finanzämter, Steuern einzutreiben. Und ich höre auch Verärgerung über die Darstellung Deutschlands und seiner Politiker in der griechischen Öffentlichkeit. Wir wollen die Griechen nicht quälen, sondern dem Land helfen.
Koch: Sollte das Griechenland-Problem gelöst werden, wartet als nächstes Portugal. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble spricht schon über zusätzliche finanzielle Unterstützung.
Barthel: Ich gehe nicht davon aus, dass wir das Portugal-Paket aufstocken müssen. Wenn wir die Griechenland-Klippe umschifft haben, sollten die Kreditzinsen für Portugal, die dem Land die Luft abschnüren, wieder sinken.
Koch: Haben Sie manchmal den Eindruck, dass wir das Schlimmste der Euro-Krise hinter uns haben?
Barthel: Wir erleben jetzt den Höhepunkt der Krise. Wenn wir Ostern überstehen, ohne dass es bis dahin zu Katastrophen kommt, haben wir hoffentlich das Schlimmste überstanden.
Bio-Kasten
Norbert Barthle (Jg. 1952) ist haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und damit eine zentrale Person im Krisenmanagement. Weil für Rettungspakete und Euro-Stabilisierung Geld des Bundes gebraucht wird, geht es nicht ohne die Zustimmung Barthles und seiner Kollegen. Ursprünglich unterrichtete Barthle Deutsch und Sport am Gymnasium. Seit 1998 vertritt er den badenwürttembergischen Wahlkreis Backnang/ Schwäbisch Gmünd als direkt gewählter Abgeordneter.