Windenergie auf dem Meer wächst langsam

Erst drei von 94 geplanten Projekten verwirklicht. Ein Grund: Kapitalmangel der Bauherren. Kanzlerin nimmt ersten deutschen Ostsee-Windpark in Betrieb

Schnell mehr Windenergie in die Stromleitungen einspeisen zu wollen, ist mittlerweile Konsens in Deutschland. Allerdings kommen die Baumaßnahmen besonders für Windparks auf dem Meer nur langsam voran. Darüber kann nicht hinwegtäuschen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag den ersten Windpark in der deutschen Ostsee offiziell in Betrieb nahm.

Die Anlage des Unternehmens EnBW umfasst 21 Windräder und heißt „Baltic 1“. Sie steht nördlich der Insel Darß und soll bis zu 50.000 Haushalte an Land mit Elektrizität versorgen. Dies ist freilich erst der dritte Windpark, der in deutschen Gewässern der Nord- und Ostsee Strom liefert. Die beiden anderen sind Alpha Ventus bei Borkum mit 12 Rotoren und Bard Offshore 1 nordwestlich von Borkum mit elf Windrädern.

Die Pläne für zusätzliche Windparks gehen über diesen relativ bescheidenen Stand weit hinaus. Die Deutsche Energieagentur Dena verzeichnet 94 Projekte mit tausenden Windrädern, die teilweise schon lange genehmigt sind. Dereinst könnten sie zehn bis 20 Prozent des gesamten deutschen Strombedarfs decken.

Die Frage ist nur: Warum vergeht so viel Zeit, bis die Windräder tatsächlich errichtet werden? Der ehemalige Hamburger SPD-Umweltsenator Jörg Kuhbier sagt, „dass auch große deutsche Banken sehr rückhaltend“ seien, was die Finanzierung von Windparks betreffe. Mit anderen Worten: Die Entwicklungsfirmen kommen nur langsam voran, weil ihnen Kapital fehlt. Rechtsanwalt Kuhbier sitzt im Vorstand des Offshore Forum Windenergie, eines Interessenverbandes, in dem sowohl Energiekonzerne wie EnBW und RWE, als auch kleinere Firmen vertreten sind.

Um einen Windpark zu finanzieren, brauche man bis zu 1,5 Milliarden Euro, so Kuhbier. Gegenwärtig würde jedoch kaum ein Geldinstitut mehr als 50 Millionen zur Verfügung stellen. Weil jedoch nur ein gutes Dutzend europäischer Banken überhaupt Kredite für Anlagen auf dem Meer gäben, gerieten die Bauherren schnell an ihre finanziellen Grenzen. Von den großen Energiekonzernen abgesehen, fehlt den kleinern Unternehmen das Eigenkapital, um die teuren Projekte auf See aus eigener Kraft zu stemmen.

Für die Zurückhaltung der Banken macht Kuhbier zwei Gründe verantwortlich. Erstens sei das Geschäft mit den Windparks noch neu. Es gebe deshalb wenig Erfahrungen, wie sich Kosten und Renditen über die Jahre entwickelten. Um bei ihren Kreditengagements keine Verluste zu erleiden, verhielten sich die Institute vorsichtig, so Kuhbier. Außerdem spiele die Finanzkrise eine Rolle, die die Banken viel Geld gekostet habe und ihren Spielraum für risikoreiche Kredite einenge.

Abhilfe schaffen soll nun ein neues Kreditprogramm der öffentlichen KfW-Bank, das die Bundesregierung in die Wege geleitet hat. Fünf Milliarden Euro für zusätzliche Kredite für die ersten zehn Offshore-Windparks stehen damit zur Verfügung. Im Laufe des Mai könnte der Bundestag beraten.

Nicht nur das Offshore Forum Windenergie, sondern auch Reinhard Loske, Grüner Umweltsenator von Bremen, schlägt darüberhinaus vor, die Einspeisevergütung für Windstrom von See in der ersten Jahren anzuheben. Die höheren Einkünfte würden den Firmen helfen, die hohen Anfangsinvestitionen zu finanzieren, so Loske. Wenn man den Förderzeitraum entsprechend einschränke, nehme die Zahlung für Offshore-Windstrom insgesamt aber nicht zu.