Wirtschaftsminister Rösler: Tankstellen sollen Preiserhöhungen beim Kartellamt anzeigen
Jeder Tankwart soll künftig das Bundeskartell informieren, wenn er den Benzinpreis anhebt oder senkt. Auch die größeren Händler von Benzin und Diesel ebenso wie die Raffinerien müssen ihre Preisveränderungen melden. So steht es in einem neuen Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), der dieser Zeitung vorliegt.
Rösler will damit das Kartellamt stärken und ihm eine bessere Aufsicht über die Preispolitik der Mineralölkonzerne ermöglichen. Hintergrund ist der starke Anstieg der Treibstoffkosten für Autofahrer: 1,70 Euro pro Liter waren in den vergangenen Monaten keine Seltenheit.
Das Bundeskartellamt weist allerdings daraufhin, dass die Preise an den Konzern-Tankstellen durch die neue Maßnahme nicht sinken werden. Es gehe ausschließlich darum, die Freien Tankstellen vor der Macht der Großen schützen. So kann die Registrierungspflicht möglicherweise dazu führen, dass die unabhängigen Anbieter ihren Sprit bald etwas billiger verkaufen.
Zentraler Punkt des Gesetzes: Das Bundeskartellamt bekommt eine neue Markttransparenzstelle. Dorthin müssen alle Benzinhändler die Veränderungen ihrer Notierungen per Internet melden. Jede Cent-Verschiebung an irgendeiner der rund 14.000 deutschen Tankstellen wird dem Kartellamt damit bekannt. Das Verfahren gilt nicht nur für Autotreibstoff, sondern auch für den Großhandel mit Strom und Gas.
„Wir freuen uns über den Gesetzentwurf“, sagte Kartellamtssprecher Kay Weidner. Die in Bonn ansässige Behörde hofft damit „faire Bedingungen für die Freien Tankstellen“ durchsetzen zu können. Denn darum geht es: Unabhängige Tankwarte beschweren sich oft darüber, dass ihnen Aral (BP), Shell, Esso (ExxonMobil), Jet (ConocoPhilipps) und Total Benzin zu höheren Preisen liefern, als zu denen es die Konzerne an ihren eigenen Tankstellen verkaufen. Derartigem Missbrauch von Marktmacht will das Kartellamt einen Riegel vorschieben.
Wenig Hoffnung macht Kartellamtssprecher Weidner dagegen den Autofahrern, die an den Konzern-Tankstellen tanken: „Auch in Zukunft können wir nicht auf Knopfdruck die Preise senken.“ Aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung würden die Unternehmen die Notierungen im Gleichklang anheben oder senken, ohne damit gegen das Kartellrecht zu verstoßen. „Abgucken ist nicht verboten“, so Weidner. An der normalen Preisentwicklung mit ihren ärgerlichen Oster- und Sommerferienspitzen werde die neue Registrierungspflicht deshalb nichts ändern, sagte der Sprecher.
Röslers Sprecher Holger Schlienkamp wies den Verdacht zurück, das Gesetz habe etwas mit dem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zu tun, wo die FDP Angst haben muss, nicht mehr in die Landtage zu kommen. SPD-Fraktionsvize Florian Pronold bezeichnete den Gesetzentwurf „als Placebo, den Rösler eilig noch vor der Wahl verabreicht“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt Röslers Initiative, auch CDU-Wirtschaftssprecher Joachim Pfeiffer sendet Zustimmung. Das Gesetz hat deshalb gute Chancen, im Bundestag beschlossen zu werden.
Einige Bundesländer, darunter Thüringen und Nordrhein-Westfalen, versuchen außerdem, eine weitergehende Regelung mit Hilfe des Bundesrates voranzubringen. Die Tankstellen sollen ihre Preise demnach nur noch einmal täglich erhöhen dürfen. Davon erhoffen sich die Länder eine preisdämpfende Wirkung.