Bundestagsabgeordnete schauen zu, wie Fohlen das Brandzeichen erhalten. Pferdezüchter wehren sich gegen geplantes Verbot des so genannten „Schenkelbrandes“
Diese Szene gehört in jeden zweiten Western: Am Brandzeichen des Pferdes erkennt John Wayne, dass der Gaul geklaut ist. Der Dieb muss hängen.
Nicht nur im Amerika des 19. Jahrhunderts war das Brandzeichen wichtig. Noch heute halten es Pferdezüchter für unverzichtbar. Auch in Deutschland, im Münsterland, in Sachsen-Anhalt und anderen Regionen mit Zucht-Tradition.
Am kommenden Montag lädt die Deutsche Reiterliche Vereinigung deshalb zur „praktischen Demonstration“ in den Dressurstall Eichkamp in Berlin. Mehrere Fohlen sollen dann life gebrandmarkt werden – um die Meinungsbildung der Bundestages zu fördern. 15 bis 20 Abgeordnete des Agrarausschusses hätten sich bereits angesagt, sagt die Reiterliche Vereinigung.
Hintergrund der Veranstaltung: Auf Betreiben des Deutschen Tierschutzbundes hat der Bundesrat das Verbot des „Schenkelbrandes“ gefordert. CSU-Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner möchte das Brandzeichen ebenfalls abschaffen. Viele Pferdezüchter dagegen wollen es unbedingt behalten. Unter anderem CDU-Abgeordneter Dieter Stier aus Weißenfels, selbst Pferdezüchter, will das Verbot des Brandzeichens via Agrarausschuss aufhalten und plädiert für eine „sachliche Debatte“ aufgrund persönlicher Beobachtung.
Der Ortstermin soll zeigen, „das geht ganz schnell. Die Fohlen reagieren wenig oder überhaupt nicht“, sagt Stier. Das „Anbringen des Schenkelbrandes“ läuft so ab: Man presst dem Fohlen einen glühenden Metallstempel auf die hintere Backe. Es raucht und zischt.
Die Frage zu beantworten, ob das Brandmal für die Pferde eine Drangsal ist, erscheint schwierig: Man kann sie ja nicht zur Rede stellen. Thomas Schröder, Geschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes, meint aber: „Das ist eine Verbrennung dritten Grades, die natürlich Schmerzen verursacht.“
Dass die Prozedur die Pferde schmerzt, bestreitet Klaus Miesner nicht. Der Zuchtspezialist der Reiterlichen Vereinigung führt dafür aber einen „vernünftigen Grund“ ins Feld: „Unsere Pferde sollen weltweit identifizierbar sein.“ Die unauslöschlichen Symbole auf der Haut – stilisierte Wappen, Geweihe, Inititialen – geben Aufschluss über reine Rasse und Herkunft der Pferde. Die eingeprägte Nummer führt zu einer Datenbank der Züchter.
Als „Zeichen für Wirtschaftsgüter, die man möglichst hochpreisig verkaufen will“, kritisiert Tierschützer Schröder die Brandzeichen – eine Art Mercedes-Stern für Pferde. Er empfiehlt eine schmerzärmere Variante der Codierung. Dabei wird den Pferden ein „Transponder“, ein Chip, in die Halsmuskeln injeziert, der so groß ist wie ein Reiskorn.
Dieses Verfahren bevorzugt die EU. Die Züchter können es dagegen nicht leiden. Auch „das Implantieren des Transponders stellt eine schmerzende Verletzung der Pferde dar“, schreibt die Reiterliche Vereinigung. „Es kann zu Entzündungen und Ausbildung von Tumoren führen.“ Um die Nachteile zu demonstrieren, soll auch diese Behandlung am Montag am lebenden Objekt vorgeführt werden. Vom Detail-Streit der Spezialisten einmal abgesehen – welches Verfahren würden Sie wählen: das archaische oder das moderne?