Um den Schlaf gebracht

Für viele Berufstätige wird die Nacht regelmäßig zur Tortur. Ängste oder Stress rauben ihnen den Schlaf oder verursachen Albträume. Vor allem Menschen, die viel arbeiten, wälzen sich gequält von lästigen Gedanken unruhig im Bett umher. Das kann fatale Auswirkungen auf den Alltag haben. 

Schlafstörungen gehören neben Kopfschmerzen zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden. Jeder achte Arbeitnehmer plagt sich fast jede Nacht damit herum, nicht ein- oder durchschlafen zu können oder aufzuwachen, bevor der Wecker klingelt. Das hat eine aktuelle Umfrage des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen (BKK) unter rund 2.300 Berufstätigen ergeben. Jeder zweite der zwischen 18 und 65 Jahre alten Befragten gab an, mindestens ein bis drei Mal pro Monat schlecht schlafen zu können. Nur eine Minderheit von etwas über 20 Prozent antwortete, die Nächte sorgenfrei zu überstehen.

Vor allem Viel-Arbeiter, also Menschen, die mehr als 50 Stunden in der Woche arbeiten, klagen laut der BKK-Studie über permanente Schlafstörungen. Obendrein schlafen sie mit 6,5 Stunden pro Nacht vor einem typischen Arbeitstag weniger als der Durchschnitt (6,7 Stunden) der Studienteilnehmer. Aber auch Befragte, die sich vorübergehend in Arbeitslosigkeit befanden, klagten häufig über Dauerbeschwerden. Dabei prägt erholsamer Schlaf nicht nur das subjektive Wohlbefinden, sondern ist zugleich eine bedeutsame Voraussetzung für die berufliche Leistungsfähigkeit. Wer nachts nicht genug Ruhe bekommt, ist tagsüber erschöpft und energielos, nur eingeschränkt aufmerksam und leistungsfähig. Für Betriebe kann das teuer werden: Mitarbeiter sind weniger produktiv und verursachen Arbeitsunfälle.

Welche Beschäftigten besonders unter Schlafstörungen leiden, weiß Professor Ingo Fietze vom Berliner Universitätsklinikum Charité – aus praktischer Erfahrung. Denn weder in Deutschland noch weltweit, sagt er, gibt es dazu Studien. „Berufsgruppen mit hohem psychischen Stressfaktor wie zum Beispiel Lehrer und Berufsgruppen mit zusätzlichem Schichtdienst wie etwa Polizisten sind am häufigsten betroffen“, erläutert der Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Klinik.

Auf der Webseite der Charité unter http://schlafmedizin.charite.de/ finden Betroffene einen Schlaf-Ratgeber. Schichtarbeiter, heißt es dort, profitieren in besonderem Maße von den Regeln der Schlafhygiene. Und die besagen: Im Bett sind nur Schlafen und Sex erlaubt, nicht etwa fernsehen oder arbeiten. Die Raumtemperatur sollte niedrig und das Zimmer dunkel sein. Dazu sollte man sich vor dem Schlafengehen entspannen und kleine Schlafrituale wie Zähneputzen und Umziehen ausüben. Für Schichtarbeiter eignet sich auch das so genannte „Weiße Rauschen“. So können beispielsweise Ventilatorgeräusche oder auf hohe Frequenzen gestellte Radios störende Außengeräusche überdecken. Wer besser schlafen möchte, kann auch das Telefon abschalten, die Klingel abstellen oder ein Schild mit dem Hinweis „Bitte nicht stören“ anbringen.

Ältere Menschen schlafen im Übrigen schlechter als jüngere. Das zeigen Erhebungen der Krankenkasse DAK: 2008 diagnostizierten Ärzte bei älteren berufstätigen DAK-Versicherten häufiger eine Schlafstörung. Sieben Prozent der 60- bis 65-Jährigen litten darunter. Bei den 40- bis 44-Jährigen waren es drei Prozent. Und bei der Gruppe der 15- bis 19-Jährigen betraf es deutlich unter ein Prozent.
 
Von Schlafstörungen spricht Universitätsmediziner Fietze zum Beispiel, wenn Patienten mehr als vier Mal in der Woche länger als 30 Minuten zum Ein- oder Wiedereinschlafen brauchen. Dauerten diese Probleme länger als drei Monate an, seien sie schon chronisch. Menschen, die mit dem Schlafen Probleme haben, rät der Experte, sich Zeit zum Entspannen am Abend zu nehmen. Hilfreich sei es, eine Entspannungstechnik zu erlernen. Auch regelmäßige Schlafzeiten in angenehmer Umgebung, Beruhigungstee oder Baldrian-Hopfen-Melisse-Tabletten könnten helfen. „Schreibtischjobber“ sollten sich außerdem Zeit für den körperlichen Ausgleich nehmen. Wenn alles nicht hilft, sollte man einen Schlafspezialisten aufsuchen.