Interview
In Aussicht auf den Trip nach Monaco, das schlüsselfertige Einfamilienhaus oder den PS-starken Geländewagen verraten Gewinnspielteilnehmer beiweilen pikante private Detail. Doch dürfen Unternehmen so viele Daten sammeln? Und was können sie mit den Angaben der Kunden alles tun? Die Antworten darauf verrät die Sprecherin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Evelyn Keßler.
Kunstmann: Frau Keßler, welche Daten dürfen Unternehmen von Kunden erfragen?
Evelyn Keßler: Firmen dürfen alles abfragen. Und Verbraucher können selbst bestimmen, welche Daten sie preisgeben. Einer der größten Adresshändler Deutschlands schickt zum Beispiel regelmäßig Lifestyleumfragen an Haushalte. Wer die etwa 160 Fragen beantwortet, verrät unter anderem wie viele Kinder im Haus leben, welches Alter und Geschlecht diese haben, oder welcher Whisky am liebsten getrunken wird.
Kunstmann: Haben die Firmen das Recht, die Adressdaten an Dritte weiter zu gegeben?
Keßler: Die Unternehmen haben sich bei der Reform des Datenschutzrechts im vergangenen Jahr das so genannte Listenprivileg erhalten können. Sie dürfen Adressenlisten mit Name, Anschrift, Geburtsjahr, Beruf und einem weiteren Merkmal, zum Beispiel ob jemand eine Katze besitzt, speichern und weitergeben – wohlgemerkt ohne ausdrückliche Erlaubnis der Kunden. Besonders schutzwürdige Merkmale wie etwa Religions- oder Parteizugehörigkeit, dürfen jedoch nicht ohne Zustimmung weitergegeben werden. Käufer können die erworbenen Daten zu Werbezwecken nutzen.
Kunstmann: Wie erkenne ich, dass mit meinen Daten gehandelt wurde?
Keßler: Flattert ein persönlich adressierter Brief von einem unbekannten Absender ins Haus, ist das ein Anzeichen für die Datenweitergabe. Immer noch werden Verbraucher mit Werbung zugeschüttet – auch mit unerlaubter telefonischer Werbung, bei der die Daten teilweise illegal beschafft worden sind.
Kunstmann: Was kann gegen ungewünschte Post unternommen werden?
Keßler: Hundertprozentig verhindern können Verbraucher die Adressweitergabe nicht. Sogar die öffentliche Verwaltung verkauft Daten. Bürger sollten auf Verträgen ausdrücklich notieren, dass sie der Speicherung und Weitergabe ihrer Daten zu Werbezwecken widersprechen – und eine Kopie davon behalten. Steckt Reklame von einer unbekannten Firma im Briefkasten, haben die Angeschriebenen das Recht, zu erfahren, woher der Absender die Daten hat. Ist der Adresshändler ausfindig gemacht, kann man ihm die Nutzung und Weitergabe untersagen – per Einschreiben und Rückschein hat man einen Beweis. Gewinnspiele sollten gemieden werden – sie dienen in erster Linie zum Daten sammeln.
Kunstmann: Die Aussicht auf einen Preis ist manchmal ganz schön verlockend. Für einen Luxuswagen kann man doch schon mal ein paar mehr Informationen preisgeben.
Keßler: Ob das Edelauto wirklich verlost wird, lässt sich schwer nachvollziehen. Die im Einkaufszentrum verlockend ausgestellte Luxuskarosse kann ebenso nur gemietet sein. Oder die Gewinnspielbetreiber touren mit dem Wagen solange durch Deutschland, bis sie so viele Daten gesammelt haben, dass deren Verkauf die Kosten für den Gewinn locker abdeckt. Die Aussicht auf den Gewinn ist in dem Fall verschwindend gering.