Mit wenigen Ausnahmen haben alle deutschen Regierungen seit 1949 die Staatsverschuldung in die Höhe getrieben. Jetzt soll das anders werden
Schulden sind nicht unbedingt schlecht. Wer ein Haus baut, investiert in die Zukunft. Das gilt auch für den Staat. Problematisch wird es allerdings, wenn die neuen Schulden permanent stärker wachsen als die ökonomische Leistung. Das ist in Deutschland der Fall – wie auch in vielen anderen Ländern.
Die öffentliche Verschuldung gehört zu den kulturellen Konstanten unseres Landes. Politik und Bevölkerung sind daran gewöhnt, sich ständig mehr zu wünschen. Dabei steigt das Niveau der materiellen Bedürfnisse und ihrer Befriedigung schneller als das Bruttoinlandsprodukt. Seit 1950 nahm die Wirtschaftsleistung Deutschlands von 50 auf rund 2.500 Milliarden Euro zu – das Fünfzigfache. Die Schulden der öffentlichen Hand wuchsen im selben Zeitraum aber von umgerechnet neun auf 2.000 Milliarden Euro – gut das 200fache. Was wir nicht erwirtschaften, pumpen wir uns dazu.
Von dieser Regel gibt es nur wenige Ausnahmen. Diese markierten vor allem die Bundesfinanzminister Fritz Schäffer (CSU, 1949-1957) und Franz Etzel (CDU, 1957-1961). Zwischen 1956 und 1959 stiegen die Staatsschulden zwar auch, aber nicht so schnell wie die Wirtschaftsleistung. Die beiden christlichen Finanzminister hatten es jedoch vergleichweise leicht – es war die Zeit des Wirtschaftswunders und der Bescheidenheit.
Später kamen solch gute Jahre nur noch selten vor – in den 1960er dreimal, einmal 1970 und nach der Wiedervereinigung, dann im New-Economy-Boom um 2000, und schließlich im Aufschwung vor der Finanzkrise 2007.
Zu den größten Schuldenmachern gehörten die sozialdemokratischen Regierungen der 1970er Jahre. Unter SPD-Finanzminister Hans Apel beispielsweise stiegen die Staatsschulden 1975 um sagenhafte 33,5 Prozent. Damals glaubte man, mit Krediten die beginnende Massenarbeitslosigkeit wegwirtschaften zu können – was nicht funktionierte.
Große Zuwächse der Staatsverschuldung gab es aber auch in der Regierungszeit von CDU-Kanzler Helmut Kohl. Als besondere Ursache dafür musste die Wiedervereinigung herhalten. Diese war einerseits wirklich teuer, andererseits traute sich die Regierung aber nicht, die Steuern entsprechend zu erhöhen.
Riesige Schuldensprünge machte auch die große Koalition unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Finanzminister Peer Steinbrück. Ursache und Rechtfertigung für höhere Kredite in jenem Fall: die weltweite Finanzkrise.
Augenblicklich dagegen geht es etwas besser. In 2011 dürften es CDU und FDP schaffen, den Zuwachs der Neuverschuldung unterhalb des Wirtschaftswachstums zu halten. Aber wohlgemerkt: Während die Steuereinnahmen nun wieder das Niveau des Vorkrisenjahres 2008 erreicht haben, liegt die Neuverschuldung des Bundes noch mehr als dreimal so hoch wie vor dem Bankencrash.
Jetzt aber versuchen Bundestag, Bundesrat und Regierung einen neuen Weg einzuschlagen. Er heißt „Schuldenbremse“. Im Grundgesetz steht mittlerweile, dass die Neuverschuldung des Staates ab Ende dieses Jahrzehnts definitiv unterhalb des Wachstums liegen muss. Gibt es krisenbedingte Ausnahmen, müssen diese im nächsten Aufschwung getilgt werden. Ob das funktioniert? Das wissen wir in 20 Jahren.