Jedes siebente Kind ist von Armut bedroht / Betreuungsangebot wächst stark an
Der Nachwuchs geht aus. Die Zahl der unter 18-jährigen ist im vergangenen Jahrzehnt um 2,1 Millionen zurückgegangen. „Deutschland ist das kinderärmste Land Europas“, berichtet der Präsident des Statistischen Bundesamts, Roderich Egeler nach einer Auswertung des Mikrozensus 2010. Derzeit leben gut 13 Millionen Minderjährige in Deutschland. Egeler rechnet mit einer Fortführung des Trends. In den kommenden beiden Jahrzehnten werde der Anteil der Kinder an der Bevölkerung bei gleichbleibender Geburtenrate auf 15 Prozent sinken.
Vor allem in den neuen Ländern werden immer weniger Familien gegründet. Hier ging die Zahl der Kinder im letzten Jahrzehnt um fast 30 Prozent zurück. Im Westen hielt sich das Minus mit zehn Prozent dagegen in Grenzen. Egeler zufolge unterscheiden sich die Lebensformen in Ost und West erheblich. In den alten Ländern bilden Ehepaare vier von fünf Familien, 15 Prozent sind Alleinerziehend und sechs Prozent leben in wilder Ehe. In Ostdeutschland, sind weniger als 60 Prozent der Eltern verheiratet. Jedes vierte Kind von allein von der Mutter oder dem Vater groß gezogen und 17 Prozent leben ohne Trauschein.
Alleinerziehende und ihre Kinder sind weiterhin besonders stark von Armut bedroht. Während im Bevölkerungsdurchschnitt etwa jeder siebente wenig Geld hat, gilt dies für fast 40 Prozent der Haushalte von partnerlosen Eltern. Als Grenzwert gilt hier EU-weit für 2009 ein Jahreseinkommen von 11.151 Euro. „Die Versorgung der Kinder mit Grundbedürfnissen wie Kleidung, Mahlzeiten und Spielsachen ist gut“, stellte Egeler fest. Für eine Urlaubsreise fehlen dagegen schon bei mehr als jeder fünften Familie die finanziellen Spielräume. Den Beitrag für einen Sportverein oder die Kosten für Musikunterricht kann jede vierte Familie nicht mehr stemmen.
Eine erfreuliche Entwicklung konnten die Statistiker auch verkünden. Die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder wächst kontinuierlich an. Standen vor fünf Jahren im Bundesdurchschnitt nur für 14 Prozent der Kinder im Alter von unter drei Jahren Kitaplätze bereit, sind es heute schon 23 Prozent. 472.000 Krippenplätze gibt es derzeit. Besonders im Osten ist das Angebot hoch. Spitzenreiter ist Sachsen-Anhalt mit einer Versorgungsquote von 56 Prozent. Schlusslicht ist Nordrhein-Westfalen mit 14 Prozent. Der Süden holt auf. Baden-Württemberg und Bayern konnten ihre Quoten auf über 18 Prozent mehr als verdoppeln. Die Deutschen bekommen zwar wenige Kinder, doch der Nachwuchs wird immer besser ausgebildet. Das Gymnasium ist auf dem Vormarsch. Im Jahr 2000 schafften 37 Prozent den Sprung in Richtung Abitur, 2010 waren es bereits 45 Prozent der Grundschulabgänger.
Das Bundesamt hat auch die Sterbefälle bei den Kindern unter die Lupe genommen. 1.252 Minderjährige ließen im vergangenen Jahr das Leben. Drei Viertel der Todesfälle gingen auf Krankheiten zurück, der Rest auf Verletzungen. Dabei spielten Unfälle die größte Rolle, vor allem im Verkehr. 205 Kinder und Jugendliche starben infolge eines Unfalls auf der Straße. Eine eher geringe Rolle spielen Selbstmorde und Gewalttaten mit zusammen fast 50 Fällen.