Was soll mit dem Geld geschehen?

Steuerschätzer rechnen in den nächsten Jahren mit 61 Milliarden Mehreinnahmen

Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat den Finanzministern in Bund und Ländern eine positive Botschaft übermittelt. Bis 2012 kann der Staat auf Mehreinnahmen in Höhe von 61 Milliarden Euro hoffen. Grund dafür ist die besser als erwartet laufende Konjunktur. Prompt gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die neuen Spielräume genutzt werden können.

Soll der Staat nun mehr investieren?

Wissenschaftler wie der Wirtschaftsweise Peter Bofinger plädieren für verstärkte Investitionen durch den Staat. Bund, Länder und Gemeinden haben ihre Ausgaben in den letzten Jahren deutlich nach unten gefahren. Mit Ausgaben für die Infrastruktur werden Arbeitsplätze und Einkommen gesichert und damit Grundlagen für neues Wachstum aus eigener Kraft geschaffen. Damit steigen wiederum auch die Steuereinnahmen auf lange Sicht. Gegen höhere Investitionsausgaben spricht die hohe Staatsverschuldung. Insbesondere den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals und trotz der Mehreinnahmen ist die Lage aller öffentlichen Haushalte bedenklich angespannt. Außerdem müssen Bund und Länder die bald wirkende Schuldenbremse einhalten. Dafür muss weiter gespart werden.

Könnten die Sozialleistungen steigen?

Mit den zusätzlichen Einnahmen können die Sozialleistungen ausgebaut werden. Zum Beispiel sind höhere Hartz-IV-Sätze drin. Das hätte einen schnell spürbaren positiven Effekt. Denn die Arbeitslosenhaushalte geben zusätzliche Einkommen unverzüglich wieder aus und stärken damit den Binnenkonsum. Dagegen spricht die hohe Staatsverschuldung. Die Wirkung von Konsumspritzen verpufft in der Regel sehr schnell wieder. Was sozialpolitisch vielen wünschenswert erscheint, ist finanzpolitisch daher fragwürdig.

Ist es besser, Schulden abzubauen?

Zum Schuldenabbau werden auch die Mehreinnahmen nicht reichen. Schließlich erreicht das Steueraufkommen im Jahr 2012 trotz der guten Entwicklung noch nicht einmal das Niveau des Jahres 2008. Allenfalls kann die Aufnahme neuer Schulden verringert werden. Dafür sprechen mehrere Argumente. Je weniger Miese der Staat macht, desto weniger Zinsen müssen langfristig für die Schulden bezahlt werden. Damit eröffnen sich langfristig Spielräume für andere Ausgaben, zum Beispiel Investitionen. Sollten die Zinsen bald wieder steigen, wäre das Gegenteil der Fall. Der Anteil der Zinsausgaben stiege an. Diese Zusatzaufwendungen könnten nicht mehr anderweitig verplant werden.

Sollten die Steuern gesenkt werden?

Kaum gab es die ersten Meldungen über reichliche Steuereinnahmen, ging in der schwarzgelben Koalition die Debatte über Steuersenkungen für untere und mittlere Einkommen wieder los. Für eine Entlastung spricht, dass etwas Gewicht von den Schultern genommen wird, die in Deutschland am meisten tragen. Unter dem Aspekt der Gerechtigkeit mag dieses Argument ziehen. Doch lässt es die weiterhin schwierige Lage der öffentlichen Haushalte außer acht. Wenn die Steuermehreinnahmen schon ausgegeben werden sollen, wären Investitionen der bessere Weg. Von guten Straßen oder intakten Schulgebäuden profitieren alle und zugleich erhält die Wirtschaft neue Impulse. Steuersenkungen verschwinden je nach Einkommen entweder auf dem Sparbuch oder in kurzfristigem Konsum.