Steigende Preise erfordern Steuersenkung

Der steuerliche Grundfreibetrag könnte 2013 abermals steigen. Regierung muss Existenzminimum der Bürger sicherstellen. Entlastung um mindestens eine Milliarde Euro.

Obwohl Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sich öffentlich ziert, wird die nächste Steuersenkung wohl 2013 stattfinden. Um das Existenzminimum für ärmere Bundesbürger zu gewährleisten, muss dann voraussichtlich der steuerliche Grundfreibetrag um eine Größenordnung von 100 Euro pro Jahr steigen.

Das würde die Bürger um rund eine Milliarde Euro jährlich entlasten. Beschäftige mit niedrigen Einkommen hätten zehn bis 20 Euro mehr pro Jahr.

Gegenwärtig streitet die Bundesregierung, wann und wie die Steuern gesenkt werden. Vor allem die FDP verlangt die Reduzierung, um den Mittelstand besser zu stellen. Finanzminister Schäuble lehnt eine teure Steuersenkung dagegen offiziell noch ab, weil er angesichts einer Neuverschuldung von 30 Milliarden Euro das Geld verwenden möchte, um die Kreditaufnahme zu senken.

Trotzdem spricht viel dafür, dass der Finanzminister zumindest um eine kleine Steuersenkung nicht herumkommt. Der Grund: Das Bundesverfassungsgericht hat die Regierung verpflichtet, das Existenzminimum der Bürger sicherzustellen – durch steuerliche Freibeträge und den Regelsatz des Arbeitslosengeldes II.

Im Hause von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen rechnet man damit, dass der Hartz-IV-Satz 2013 abermals steigt – wie auch 2012. Um den Mindestbedarf zu ermitteln, bezieht das Ministerium die Inflation und die Lohnentwicklung ein. Sowohl die Preise als auch die Löhne werden im Wirtschaftsaufschwung weiter zulegen. Deshalb erscheint es plausibel, dass auch das steuerlich freizustellende Existenzminimum angehoben werden muss.

„Die bestehenden Regelungen zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums sind 2012 ausreichend“, heißt es im neuen Existenzminimumbericht, den das Finanzministerium unlängst veröffentlicht hat. Fachleute der Koalition weisen aber daraufhin, was dort nicht steht: Dass der gegenwärtige Grundfreibetrag im Jahr 2013 möglicherweise zu niedrig liegt.

Steuerexperte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sieht das ähnlich. Wenn sich die augenblickliche Preisentwicklung fortsetze, „ist es zwingend, den Grundfreibetrag anzuheben“, so Bach.

Gegenwärtig liegen die steuerlichen Freigrenzen bei 8004 Euro für Erwachsene und 7008 Euro für Kinder. Nach Information des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung gilt folgende Faustregel: Eine Anhebung des Grundfreibetrags um 100 Euro inklusive der entsprechenden Anpassung des Steuertarifs kostet den Finanzminister rund 0,9 Milliarden Euro pro Jahr. 200 Euro mehr Grundfreibetrag entlasten die Bürger um 1,8 Milliarden, 300 Euro um 2,7 Milliarden.

Anfang 2009 und 2010 stieg der Freibetrag in zwei Stufen um insgesamt um 340 Euro an. Diese Steuerentlastung kostete damals 5,9 Milliarden Euro – zusammen mit der Senkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf 14 Prozent und einer gewissen Anpassung des gesamten Steuertarifs. Eine ähnliche Steuersenkung will die FDP auch jetzt durchsetzen.

Währenddessen kommt Schäuble den Unternehmen schon einmal ein Stück entgegen. Für kleine Betriebe mit einem Umsatz bis 500.000 Euro jährlich soll eine Ausnahmeregleung aus dem Konjunkturpaket II dauerhaft beschlossen werden. Die Umsatzsteuer für unbezahlte Rechnungen wird demnach nicht im Rahmen der vierteljährlichen Vorauszahlungen, sondern erst später fällig.