„Ausschluss verschuldeter Staaten aus der Währungsunion muss möglich werden“, sagen 100 inhabergeführte Unternehmen. Gegenposition zu Konzernen, die Euro-Rettung unterstützen
Wegen der Griechenland-Krise geht jetzt auch ein Riss durch die Wirtschaft. Über 100 Familien-Unternehmen fordern in ihrer am Montag veröffentlichten Erklärung: „Austritt und Ausschluss aus der Währungsunion müssen möglich werden.“ Die inhabergeführten Firmen warnen vor weiterer Verschwendung deutschen Steuergeldes zugunsten verschuldeter Euro-Staaten. Im Gegensatz dazu hatten vor einer Woche 50 deutsche und französische Konzerne, darunter die Deutsche Bank, die Deutsche Telekom und Société Générale dafür plädiert, die Eurozone unter allen Umständen zu schützen.
Initiiert hat die Erklärung die in München ansässige Stiftung Familienunternehmen. Der Text beklagt, dass sich die Währungsunion „in eine Transferunion“ verwandelt habe. Deutschland unterstütze die Euro-Rettung mit Garantien von bald 190 Milliarden Euro. Damit habe die Bundesregierung gleich drei Versprechen gebrochen – unter anderem, dass „kein Land für die Schulden eines anderen einzustehen hat“. Die Unterzeichner „fordern die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, der verantwortungslosen Schulden-Politik ein Ende zu setzen“.
Stefan Heidbreder, der Geschäftsführer der Stiftung, verwahrte sich gegen den Eindruck, bei den Unterstützern handele sich vor allem um kleinere Firmen. Er verwies auf große, weltweite tätige Betriebe wie Herrenknecht (Tunnelbau), Würth (Schrauben) und Trigema (Textilien).
Von den insgesamt rund 300 Unternehmen, die die Stiftung fördern, hatte man in den vergangenen Wochen 180 Firmen angeschrieben und bis vergangenen Freitag 100 Unterschriften erhalten. Einige namhafte Unternehmen, die auch im Kuratorium der Stiftung vertreten sind, fehlen auf der Liste. Dazu gehören unter anderem Kaercher, die Haniel GmbH und die Bank Sal. Oppenheim.
Brun-Hagen Hennerkes, der Vorstand der Familien-Stiftung wendet sich besonders gegen den „Mythos, Deutschland habe wie kein anderes Land von der Einführung des Euro profitiert.“ Vielmehr sei der Export in Länder außerhalb der Eurozone viel stärker gestiegen, während er in die Eurozone sogar gesunken sei, argumentiert Hennerkes.
Diese These ist zumindest missverständlich. Zahlen des Statistischen Bundesamtes zufolge betrug der deutsche Export 1999 in die Länder der heutigen Eurozone 235 Milliarden Euro. 2010 waren es 392 Milliarden Euro – ein Wachstum von über 60 Prozent. Allerdings ist der deutsche Export in Nicht-Euro-Staaten noch stärker gestiegen: von 275 auf 566 Milliarden (gut 100 Prozent). Daraus aber abzuleiten, Deutschland profitiere nicht vom Euro, oder die Eurozone sei für uns unbedeutend, ist ökonomisch unsinnig.
Die Aktiengesellschaften, die vergangene Woche ganzseitige Anzeigen in Zeitungen schalteten, setzen einen anderen Akzent als die Familienunternehmen. Die Konzerne unterstützen die Bundesregierung, weil sie massiv von den Erleichterungen des internationalen Handels profitieren, die mit dem Euro einhergehen. Sie sparen beispielsweise Kosten für den Tausch einer Währung in die andere und müssen sich nicht gegen Kurschwankungen absichern. Deswegen heißt in der Anzeige der Konzerne: „Eine ernsthafte Alternative zum gemeinsamen Euro gibt es nicht. Der Euro symbolisiert das Europa von heute.“ Dieser Punkt spielt für manche der Familienunternehmen eine geringere Rolle, weil sie sich eher auf den regionalen und nationalen Markt orientieren.
Info-Kasten
Unterstützer aus NRW u.a.:
Apetito, Rheine
Brandt Zwieback, Hagen
Coroplast, Wuppertal
Krause-Biagosch GmbH, Bielefeld
Möller Group, Bielefeld
Poco-Domäne, Bergkamen
Wemhöner Surface, Herford
Westfalen AG, Münster
Wilhelm Böllhoff GmbH, Bielefeld
Info-Kasten
Unterstützer der Erklärung bundesweit u.a.:
Brose Fahrzeugteile GmbH, Coburg
Conrad Electronic SE, Hirschau
Herrenknecht AG, Schwanau
Hymer AG, Bad Waldsee
Kathrein-Werke KG, Rosenheim
Pfisterer Holding AG, Stuttgart
Steiff Gmbh, Giengen
Uzin Utz AG, Ulm
Vaude Sport GmbH, Tettnang