Nach dem Dollar

Die US-Regierung schwächt ihre weltweite Leit- und Reservewährung. Was das für die hiesige Wirtschaft und den Euro bedeuten kann.

Von Hannes Koch

Mit hohen Einfuhrzöllen bringt US-Präsident Donald Trump die Weltwirtschaft durcheinander. Auch deshalb sinkt der Wert des Dollar gegenüber dem Euro, und das Vertrauen von Kapitalanlegern in US-Staatsanleihen lässt nach. Es verbreiten sich sogar Sorgen, ob der Dollar künftig noch seine Rolle als Leit- und Reservewährung behält, die das Weltfinanzsystem während der vergangenen 80 Jahre stabilisierte.

Die Funktion des Dollar
Das US-Geld ist die wichtigste Währung der Welt. Ein großer Teil des internationalen Handels wird in Dollar abgerechnet. Daraus folgt, dass die US-Währung begehrt ist, was den Kurs hochhält. In diese Richtung wirkt auch, dass viele internationale Anleger ihr Kapital in US-Staatsanleihen und anderen nordamerikanischen Schuldtiteln anlegen. Diese gelten als wertbeständig, und wegen ihrer großen Menge als jederzeit kauf- und verkaufbar. Deshalb kann der Dollar als globale Leit- und Reservewährung dienen.

Will Trump daran etwas ändern?
Der US-Präsident wolle erreichen, „dass der Dollarkurs fällt“, sagt Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner vom SPD-nahen Dezernat Zukunft. Die Absicht dahinter: Wenn die Währung billiger wird, sinken die Preise von US-Produkten etwa im Vergleich zum Euro, sie verkaufen sich dann leichter. Der niedrigere Dollar-Kurs könnte also Ähnliches bewirken wie Trumps hohe Einfuhrzölle, die ebenfalls US-Unternehmen begünstigen. Gleichzeitig postuliert Steve Miran, der ökonomische Chefberater des Präsidenten, Ausländer sollten zusätzliche Nutzungsgebühren für die US-Leit- und Reservewährung entrichten. „Die US-Regierung tut gerade alles dafür, den Status des Dollar zu beschädigen“, sagt Jens Südekum, Wirtschaftsprofessor der Universität Düsseldorf. „Im Finanzmarkt verbreiten sich Zweifel, kürzlich kam es zu einer regelrechten Kapitalflucht aus dem Dollar.“

Was bedeutet es, wenn der Dollarkurs sinkt?
Europas und Deutschlands Waren- und Dienstleistungsexporte in die USA werden damit teurer, erklärt Sigl-Glöckner. Parallel dazu verbilligen sich aber die Importe von Produkten nach Europa, die in Dollar abgerechnet werden, beispielsweise Erdöl und Benzin. Welcher Effekt überwiegt, unterscheidet sich nach Unternehmen und Branchen. „Wir sollten uns über den steigenden Euro-Kurs nicht zu große Sorgen machen“, betont Südekum. Viele Produkte, etwa hochwertige Maschinen aus Deutschland, würden sich in den USA weiterhin gut verkaufen, selbst zu höheren Preisen. Südekum: „Die USA stellen vieles, was sie brauchen, nicht selbst her.“

Abschied vom Dollar – eine Gefahr?
Die führende Rolle der US-Währung auf vielen Märkten hatte bisher eine stabilisierende Wirkung. Wenn zahlreiche Akteure das gleiche Geld benutzen, reduziert das beispielsweise Kosten für den Umtausch von einer Währung in eine andere. Sollte nun der Dollar weiter an Bedeutung verlieren und andere Währungen, etwa der Euro und der chinesische Renmimbi, wichtiger werden, müsse das jedoch nicht von Nachteil sein, meint Südekum. „Wenn mehrere Währungen den Status von Reservewährungen haben, ist das eher positiv.“ Für Europa könne ein Vorteil darin bestehen, dass die Attraktivität von Euro-Anleihen auf den internationalen Märkten zunimmt. „Euroland würde mehr Kapital anziehen, was die Finanzierung hiesiger Vorhaben erleichtert“, so Südekum. Gleichzeitig müsste die EZB weniger Zinsen bieten, um ihre Anleihen zu verkaufen. Die hiesige Verschuldung würde damit günstiger. Für manche mag das eine abschreckende Vorstellung sein – doch kreditfinanzierte Investitionen in die Modernierung der europäischen Wirtschaft und die gemeinsame Verteidigung gegen autokratische Regime würden auf diese Art leichter fallen.

Der Euro – eine Leit- und Reservewährung?
Heute, darüber sind sich viele Fachleute einig, ist der Markt attraktiver europäischer Anleihen zu klein, um die großen Kapitalmengen aufzunehmen, die möglicherweise Alternativen zum Dollar suchen. Eine gemeinsame europäische Verschuldung existiert erst in Ansätzen, weil unter anderem die deutsche Regierung die Ausgabe solcher Papiere erschwert. So wird der größere Teil der Anleihen von den einzelnen Mitgliedstaaten herausgeben. Und es herrschen Zweifel, ob die Europäische Zentralbank sie im Notfall ausreichend absichert. „Es fehlt an ausfallsicheren Staatsanleihen in Euro“, sagt Philippa Sigl-Glöckner. Jens Südekum sieht das ähnlich: „Wenn wir die Rolle des Euro stärken wollen, geht das nicht ohne Eurobonds.“