„Unbewusster Konsum ist zum Problem geworden“

In vielen Lebensmitteln für Kinder stecken Aromen. Eigentlich gehören die da aber nicht rein, sagt Ulrich Fegeler. Im Gespräch erklärt der Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, wie genau es Eltern mit den geschmacklich aufgepeppten Speisen für den Nac

Mandy Kunstmann: Herr Fegeler, gehören industriell hergestellte Aromen in Kindernahrung?

Ulrich Fegeler: Eigentlich nicht. Grundsätzlich sollten Kinder nur mit natürlichen Substanzen konfrontiert werden. Das Problem ist allerdings, dass Eltern manchmal nur schwer erkennen können, ob Lebensmittel Zusatzstoffe enthalten. Selbst in Bio-Ware ist nicht immer nur Bio drin. Eltern sollten deshalb Babynahrung lieber selbst mit frischen Zutaten zubereiten.

Kunstmann: Es heißt, Aromastoffe machen Kinder dick.

Fegeler: Zuallererst betonen Aromen bestimmte Geschmacksrichtungen. Die Hersteller zeigen sich da recht experimentell und übertreiben es bisweilen. Die Lebensmittel sollen den Kindern lecker schmecken, was den Verkauf fördert. Von leckeren Sachen isst man eben mehr. Und das kann zu Übergewicht führen.

Kunstmann: Viele Kinder bevorzugen aromatisierten Quark und finden frische Erdbeeren mit Quark absolut nicht lecker. Was können Eltern dagegen tun?

Fegeler: Statt den Quark aus dem Kühlregal zu kaufen, sollten sie ihn selbst anrühren – und dabei die Kinder mit einbeziehen. Die finden es toll, wenn sie beschäftigt werden. Für sie ist es hochinteressant, wenn sie lernen, wie sich das Vanillemark aus der Schote holen lässt oder wie man eine Zitrone ausquetscht. Allerdings setzt so etwas Zuwendung und Zeit voraus. Eltern sollten sich das leisten.

Kunstmann: Darf Zucker in den Quark?

Fegeler: Klar darf es auch Zucker sein. Es müssen auch nicht ausschließlich reine Nahrungsmittel sein. Süßigkeiten und ab und an mal Zusatzstoffe sind okay. Eltern sollten die Produkte jedoch kontrolliert aussuchen. Unbewusster Konsum ist heute zum Problem geworden.

Kunstmann: Was meinen Sie damit?

Fegeler: Kinder bekommen alle Nase lang Süßigkeiten zugesteckt. Wenn sie an der Supermarktkasse quengeln, gibt es eben einen Schokoriegel. Darüber sollten sich Eltern hinwegsetzen. Gut ist es, wenn sie einen Süßigkeiten-Tag einführen.

Kunstmann: Da gibt es dann an einem bestimmten Tag der Woche die Süßigkeiten, die sich das Kind wünscht?

Fegeler: Nicht ganz. Eine Begrenzung ist schon notwendig. Mit großen Mengen können Kinder nicht haushalten und essen alles auf einmal auf. Unter der Woche kann man ja dann noch mal ein Eis schlecken. Ganz so streng darf es eben nicht sein. Und für den Süßigkeiten-Tag gilt: Die Auswahl der Süßigkeiten können Eltern auch mit Spielen verbinden. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Bio-Box: Dr. Ulrich Fegeler (62) ist seit 2007 Bundespressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Er ist Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in einer Praxisgemeinschaft in Berlin.