Von der Leyen im Hartz-Schwitzkasten

Bei besserer Bildungsförderung für bedürftige Kinder und beim Mindestlohn für Zeitarbeiter geht die Bundesregierung auf die Opposition zu. Ein Erfolg der Verhandlungen über Hartz IV ist aber trotzdem fraglich. SPD-Politiker Hubertus Heil: Regierung muss n

Kleine Kompromisse beim Bildungspaket für bedürftige Kinder und beim Mindestlohn hat die rot-grüne Opposition der Bundesregierung im Rahmen der Hartz-Verhandlungen abgerungen. So stellt Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Lohnuntergrenze für Leiharbeiter in Aussicht, die die FDP bislang ablehnte. Der Opposition aus SPD, Grünen und Linken reichen solche Zugeständnisse aber nicht. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte gegenüber dieser Zeitung: „Arbeitsministerin von der Leyen hat sich bisher in der Substanz nicht bewegt.“ Heil forderte deutliche Verbesserungen beim Bildungspaket und beim Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger.

Erstmals seit der Bundestagswahl 2009 haben SPD und Grüne die schwarz-gelbe Koalition im Schwitzkasten. Weil die neuerliche Hartz-Reform der Zustimmung des Bundesrates bedarf, in dem Union und FDP aber keine Mehrheit mehr haben, können Landesregierungen mit sozialdemokratischer und grüner Beteiligung einige Gesetze der Bundesregierung blockieren. Ab Freitag tagt deshalb erneut der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat.

Das wichtigste Anliegen der Opposition betrifft das Bildungspaket. Die Regierung hat beschlossen, Kindern, deren Eltern Hartz IV bekommen, mehrere hundert Euro jährlich unter anderem für Schulausflüge, Schulessen und Unterrichtsmaterial zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Damit diese Leistungen die richtigen Kinder erreichen und nicht verpuffen, fordert die SPD nun, in möglichst vielen Schule neue Sozialarbeiter einzustellen.

Bei rund 40.000 Schulen würde das rund 2,4 Milliarden Euro pro Jahr kosten, heißt es in einem Schreiben des Arbeitsministeriums an die SPD-Länder, das dieser Zeitung vorliegt. Von der Leyens Urteil: zu teuer. Allerdings wäre die SPD auch mit einem Einstieg zufrieden. „Nicht alles muss sofort passieren, sondern kann auch Schritt für Schritt aufgebaut werden“, sagte Heil, „wir brauchen einen klaren Fahrplan, um flächendeckend Schulsozialarbeit zu organisieren.“ In von der Leyens Ministerium sieht man hier Verhandlungsspielraum. Bei einem anderen Punkt des Bildungpakets ist die Ministerin der Opposition immerhin schon etwas entgegengekommen: Nicht nur Kinder aus Hartz-IV-Familien, sondern auch aus Haushalten mit geringen Einkommen könnten in den Genuss der neuen Leistungen kommen.

Beim Kern der schwarz-gelben Hartz-Reform gibt es dagegen keine Bewegung. Von der Leyen will den monatlichen Hartz-IV-Satz um fünf Euro auf 364 Euro aufstocken. SPD und Grüne zweifeln am Berechungsverfahren, sagen aber nicht, um wieviel höher die Zahlung ausfallen sollte. Heil: „Wir fordern einen fairen Regelsatz. Es geht nicht darum, Zahlen zu würfeln, sondern die Leistungen transparent zu berechnen, wie es das Verfassungsgericht verlangt.“

Ob die Kontrahenten bald zu einem Kompromiss finden, hängt nun auch davon ab, wie sie ihre jeweilige Resonanz in der Öffentlichkeit einschätzen. Von der Leyen verfügt über ein starkes Argument, indem sie der Opposition vorwirft, die Auszahlung der zusätzlichen fünf Hartz-Euro und der neuen Bildungsleistungen zu blockieren. SPD und Grüne dagegen versuchen Punkte zu machen, indem sie die Regierung als unsozial darstellen und eine stärkere Anhebung der Sozialleistungen verlangen.