Klage beim Bundesverfassungsgericht: Bundesregierung soll Informationen über Bankenaufsicht herausrücken, damit das Parlament seine Kontrollrechte wahrnehmen kann
Die Bundesregierung verhindere die Aufarbeitung der Finanzkrise, beklagen die Grünen. „Weil die Regierung Auskünfte auf unsere Fragen verweigert, ist die parlamentarische Kontrolle nicht gewährleistet“, sagte Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen. Bezüglich der gescheiterten Sächsischen Landesbank und anderer Finanzinistitute könne das Parlamente deshalb nicht beurteilen, ob die staatliche Bankenaufsicht Fehler gemacht habe. Um die Informationen von der Regierung doch noch zu erhalten, reichen die Grünen nun mit Hilfe des Juristen Christoph Möllers von der Humboldt-Universität Berlin eine Organklage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.
Die ehemalige Sächsische Landesbank war 2007 an den Rand des Bankrotts geraten, weil sich ihre Ableger in Irland massiv verspekuliert hatten. Landesbanken und Land sprangen mit Milliarden Euro öffentlicher Hilfe ein. Schließlich wurde die marode Sachsen LB von der Landesbank Baden-Württemberg übernommen und aufgelöst.
Die Grünen interessiert nun, ob die deutsche Bankenaufsicht ihre Kontrollbefugnisse gegenüber der Sachsen-LB wahrgenommen hat und das Desaster möglicherweise hätte verhindern können. In mehreren parlamentarischen Anfragen baten die Grünen die Bundesregierung um Informationen, an welchen Sitzungen der Landesbank Bankenaufseher teilgenommen hatten.
Diese Auskünfte gab die Regierung zunächst nur spärlich. Auf mehrmaliges Nachfragen lieferte das Bundesfinanzministerium zwar konkretere Informationen – allerdings unter Geheimhaltung. Die Berichte lagen in der Geheimschutzstelle des Bundestages aus. Die Folge: Schick und andere Experten können die Angaben nicht in der öffentlichen Auseinandersetzung verwenden.
Diese Antwortpraxis der Regierung hebele die verfassungsmäßigen Informations- und Kontrollrechte des Bundestages aus, argumentieren die Grünen und Jurist Möllers nun. Wenn wichtige Informationen nicht öffentlich seien, habe das Parlament beispielsweise keine Chance, die Bankenaufsicht zu verbessern.
Auch in seinem Recht, den Bundeshaushalt aufzustellen und die Staatsfinanzen zu kontrollieren, sei der Bundestag beschnitten, so die Grünen. Diese Klage bezieht sich nicht nur auf die öffentliche Unterstützung maroder Finanzinstitute, sondern auch auf die Deutsche Bahn AG. Die privatrechtliche Aktiengesellschaft, die zu 100 Prozent in Staatsbesitz ist, erhalte jedes Jahr zwar Milliarden Euro aus Steuermitteln, stelle aber nur unzulängliche Informationen über ihre Investitionsprojekte zur Verfügung, beklagte der grüne Verkehrspolitiker Anton Hofreiter.
Möllers und die Grünen rechnen damit, dass das Verfassungsgericht über die Klage noch in dieser Legislaturperiode entscheidet.