Die Sommerlochdebatte
Mitten im Sommerloch wird wieder einmal heftig darüber diskutiert, wie der Erhalt und Ausbau des Straßennetzes bezahlt werden kann. Die CSU will eine Pkw-Maut, die FDP höhere Mineralölsteuern. Fakt ist, dass die fünf Milliarden Euro, die der Bundesverkehrsminister für den Straßenbau im Jahr ausgeben kann, für ein modernes Streckennetz nicht ausreichen. Fachleute taxieren den Bedarf auf wenigstens sieben Milliarden Euro. Doch woher soll das Geld kommen? Alle Vorschläge haben Vor- und Nachteile.
Maut
Insbesondere aus Bayern kommt die Forderung nach einer Pflichtvignette für Autofahrer in Deutschland. Wie in Österreich oder der Schweiz müsste jeder, der eine Autobahn nutzt, eine Jahresgebühr entrichten. 100 Euro schweben der CSU vor. Im Gegenzug soll die Kfz-Steuer gesenkt werden, damit es für die Autofahrer nicht wesentlich teurer wird. Die allgemeine Nutzungsgebühr hat den großen Vorteil, dass auch Ausländer, die durch Deutschland reisen, an den Kosten für das Straßennetz beteiligt werden. Es gibt mehrere Nachteile. So werden bei dieser Mautlösung alle gleichermaßen zur Kasse gebeten, also unabhängig davon, um jemand 3.000 Kilometer oder 30.000 Kilometer auf der Autobahn zurücklegt.
Aus dem Bundesverkehrsministerium sind in diesem Frühjahr Modellrechnungen für verschiedene Mautvarianten an die Öffentlichkeit gedrungen. Danach müsste die Vignette 365 Euro im Jahr kosten wenn, der Staat zugleich auf neun Milliarden Euro an Kfz-Steuereinnahmen verzichtet. Durchgerechnet wurden auch die Einnahmen aus der Gebühr. Bei 80 Euro im Jahr kämen 3,4 Milliarden Euro zusammen, bei 100 Euro 4,2 Milliarden Euro. Dabei ist jeweils der Beitrag von Motorradfahrern in Höhe von 30 Euro jährlich sowie von Durchreisenden mit Kurzzeitvignetten berücksichtigt.
Eine zweite Mautvariante spielt in der Debatte derzeit keine Rolle. Ähnlich der Gebühr für Lkw könnte eine generelle, entfernungsabhängige Straßennutzungsabgabe erhoben werden. Allerdings ist
der technische Aufwand groß. Zum Beispiel müssten alle Fahrzeuge mit Geräten zur Erfassung der gefahrenen Distanzen ausgestattet werden. Diesem Nachteil gegenüber steht die größere Gerechtigkeit zwischen Viel- und Wenigfahrern gegenüber.
Mineralölsteuer rauf
Niedersachsens Verkehrsminister Jörg Bode (FDP) will 13 Cent Mineralölsteuer zusätzlich auf den Liter Benzin oder Diesel erheben, dafür aber die Kfz-Steuer abschaffen. Der Liberale sieht dies als besten Weg, weil dadurch derjenige, der viel fährt auch am meisten für die Infrastruktur bezahlen muss. Dagegen sprechen mehrere Argumente. So steigt bei einer Anhebung der Steuern auch der Tanktourismus. Weil der Sprit dann in Nachbarländern deutlich billiger ist, weichen Autofahrer in grenznahen Gebieten verstärkt auf Tankstellen im Ausland aus. Deutschland gehen somit Einnahmen verloren. Auch werden Transitreisende kaum erfasst, weil sie vor der deutschen Grenze Kraftstoffreserven anlegen. Auch könnten über die Kfz-Steuer keine Kaufanreize mehr für bestimmte Fahrzeugmodelle gegeben werden. Schließlich landen Steuereinnahmen grundsätzlich in der Kasse des Finanzministers. Eine Maut kann dagegen direkt in den Verkehrsetat fließen.
Wie es nun weitergeht, ist noch nicht klar. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Maut erst kürzlich wieder eine Absage erteilt. CSU-Chef Horst Seehofer will das Thema hingegen bei der nächsten Sitzung der Koalitionsspitzen zur Sprache bringen. Ohne zusätzlich Einnahmen wird es auf mittlere Sicht nicht gehen, weil der Sanierungsbedarf bei Straßen und Brücken immens ist. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) muss innerhalb des nächsten Jahrzehnts ein Viertel aller Brücken erneuern. Dazu warten 850 Ortschaften auf Umgehungsstraßen und mehr als 1.600 Kilometer Autobahn auf einen Ausbau.