Mehr Frauen in der Führung, aber nicht im Vorstand

Dax-Konzerne sagen mehr Führungspositionen für Frauen zu. Von der Leyen pocht auf Posten in Aufsichtsräten und Vorständen.

Die eine Ministerin spricht von einem Sieg ihrer Idee. Die Kombination aus Verpflichtung, Freiheit und Verantwortung funktioniere, feiert Familienministerin Kristina Schröder (CDU) eine Selbstverpflichtung der 30 Dax-Konzerne, mehr Frauen den Weg in Führungspositionen zu ebnen. Der neben ihr sitzende Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist bei weitem nicht so feierlich zumute. „Ich hätte erwartet, dass wir eine klare Aussage zu Vorständen und Aufsichtsräten bekommen“, kritisiert die Niedersächsin das Ergebnis eines Spitzentreffens der Personalvorstände der größten deutschen Unternehmen mit Ministerinnen des Bundeskabinetts.

So unterschiedlich die Bewertungen beider Politikerinnen sind, so peilen auch beide getrennte Wege der Frauenförderung im Beruf an. Schröder setzt auf freiwillig folgende Unternehmen, von der Leyen will per Gesetz eine Frauenquote für das Spitzenpersonal durchsetzen. In einer nächsten Runde sollen die Vorstandschefs der Börsenkonzerne bei ihr einkehren und erklären, wie viele Frauen es bei ihnen künftig ganz nach oben schaffen können. Die das Thema federführend behandelnde Kollegin Schröder saß schweigend daneben.

Einen Teilerfolg kann die für Frauen und Familie zuständige Ministerin durchaus verbuchen. Erstmals haben sich die Größten der deutschen Wirtschaft mit insgesamt 3,7 Millionen Beschäftigten zu verbindlichen Zielen für den Anteil von Frauen in ihrem Unternehmen bekannt. Auf eine einheitliche Quote konnten sich die Dax-Konzerne aber nicht einigen, weil einerseits die Ausgangspositionen weit auseinander gehen, andererseits insbesondere in technischen Fächern zu wenig geeignete Bewerberinnen auf dem Arbeitsmarkt zu finden sind. Als Kompromiss ist eine Mischung aus nationalen und weltweiten Frauenquoten herausgekommen, die einen Vergleich zwischen den Firmen erschwert.

Mancher Konzern hat von der Leyens Ziel von 30 Prozent weiblichen Führungskräften schon fast erreicht. 26 Prozent sind es beim Sportartikelhersteller Adidas, sogar 28,5 Prozent beim Wachschmittelproduzenten Henkel. In den kommenden Jahren wollen beide Unternehmen den Anteil noch steigern. In typischen Männerbranchen sind weibliche Vorgesetzte dagegen Mangelware. Beim Düngemittelfabrikanten K&S sind es acht Prozent, beim Stahlhersteller ThyssenKrupp 7,6 Prozent und bei der HeidelbergerCement nicht einmal sieben Prozent.

Bei den Zusagen für die nächsten Jahre zeigt sich ein ebenso differenziertes Bild. Die Heidelberger wollen die Frauenanteil in diesem Jahrzehnt zwar mehr als verdoppeln, liegen mit 15 Prozent dann aber immer noch weit unterhalb der Vorstellungen der Politik. Andere Konzerne verschleiern ihre nationalen Ziele, in dem sie weltweite Marken setzen. So wollen sich die Unternehmen offenkundig in ein besseres Licht rücken. Denn der Anteil weiblichen Führungspersonals ist im Ausland meist höher als im Inland. Das Gesundheitskonzern Fresenius weist in Deutschland einen Frauenanteil von gut 19 Prozent aus, in anderen Ländern von fast 28 Prozent. Bei der Telekom ist im Inland jede achte leitende Stelle weiblich besetzt, im Ausland fast jede vierte. Auffallend ist auch die Diskrepanz zwischen den beschäftigten Frauen insgesamt und denen mit Verantwortung für andere. Fast jede zweite Stelle bei der Deutschen Post wird von einer Frau bekleidet, aber nur 18 Prozent der Führungskräfte sind weiblich. Beim Handelskonzern Metro ist das Missverhältnis noch gravierender. 61,2 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, aber nicht einmal 15 Prozent des Führungspersonals.

Die Personalvorstände räumen den Nachholbedarf ein, fordern dafür aber auch Unterstützung der Politik. Es bedarf einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere mehr Betreuungsplätzen für Kinder, sagt Regine Stachelhaus vom Energieriesen E.ON. „Wir müssen die Kinder im Kindergarten für Technik begeistern“, verlangt sie auch. Eine generelle Frauenquote lehnen die Dax-Konzerne rundweg ab. „Eine gesetzliche Regelung ist unseres Erachtens entbehrlich“, stellt BMW-Personalchef Harald Krüger klar.

Genau dies wird auch zum Zankapfel in der Koalition. Während von der Leyen auch in Vorständen und Aufsichtsräten einen höheren Frauenanteil durchsetzen will, plädiert Schröder für freiwillige Lösungen. Auch die FDP lehnt eine Vorschrift dazu ab. Dabei ist der Nachholbedarf offensichtlich. Nur 3,7 Prozent der Dax-Vorstände und 15 Prozent der Aufsichtsräte sind weiblich. Letztere werden zudem vor allem von der Arbeitnehmerseite im Kontrollgremium bestellt. „Das ist unterirdisch“, befindet von der Leyen und will den Druck auf die Wirtschaft deshalb aufrecht erhalten.