Willkommen bei Merkel

Hilfe für junge Eltern – Wellcome-Gründerin Rose Volz-Schmidt im Portrait

Nach der Geburt ihrer ersten Tochter hätte Sozialpädagogin Rose Volz-Schmidt dringend Unterstützung gebraucht. Nicht viel, nur ein bisschen. Aber Volz-Schmidt war auf sich allein gestellt: Sie arbeitete in Hamburg, die Familie lebte in der alten Heimat im Schwarzwald, ihr Mann war beruflich unterwegs, und die Krankenkasse wollte keine Haushaltshilfe finanzieren.

Aus dieser persönlichen Erfahrung heraus gründete Volz-Schmidt (56), mittlerweile dreifache Mutter, das sozial-innovative Unternehmen Wellcome, das jungen Eltern in den ersten Monaten unter die Arme greift. Anlässlich des zehnten Firmenjubiläums hat Bundeskanzlerin Angela Merkel sie nun für diesen Mittwoch nach Berlin eingeladen. Per Internetvideo ließ Merkel bereits vorab ihre Botschaft verbreiten: Weil die Arbeit im praktischen Leben ansetze, sei Wellcome ein sehr gutes Projekt.

200 regionale Ableger hat das Hamburger Unternehmen mittlerweile gegründet. Wellcome-Filialen gibt es in allen Bundesländern außer Brandenburg, wo die Gründung aber im Gange ist. Die gemeinnützige GmbH schickt ehrenamtliche Mitarbeiterinnen zu den jungen Eltern, wo jene auf den ersten Blick kleine, tatsächlich aber ziemlich existenzielle Dienstleistungen erbringen: zwei Stunden den Säugling übernehmen, damit die Mutter sich mal ungestört mit einer Freundin treffen kann, Einkaufen, Zuhören, Ratgeben. Solche professionellen und zugleich individuellen Hilfen gibt es sonst kaum, weil sie im Raster des Sozialapparats nicht vorgesehen sind.

Die Unterstützung richtet sich nicht in erster Linie an bedürftige Familien. „Auch gut ausgebildete Mittelschichtsmütter brauchen kleine Auszeiten“, sagt Volz-Schmidt. Sie meint, ihre Firma befriedige ein neues soziales Bedürfnis. Nicht nur Unternehmensberater und Professorinnen, sondern auch Dachdecker und Messebauer müssten zur Arbeit heute oft weite Strecken zurücklegen – eine Anforderung, denen die alten sozialen Netzwerke aus familiärer und nachbarschaftlicher Hilfe nicht mehr gewachsen seien.

Dabei begreift Volz-Schmidt sich als „Sozialentrepreneurin“. Soziale Dienstleistungen will sie möglichst mit marktwirtschaftlichen Methoden erbringen – eine Kombination, die der klassischen Sozialarbeit eher fremd ist. Als private Firma orientiert sich Wellcome an den Bedürfnissen ihrer Kunden, expandiert im Franchise-Verfahren mit hohem Tempo und macht konkurrenzfähige Angebote. Eine Betreuungsstunde kostet fünf Euro, womit auch ärmere Familien nicht ausgeschlossen werden.

Klar ist allerdings, dass derartige Preise die Kosten nicht decken. Deshalb stammen drei Viertel des Jahresbudgets von rund 800.000 Euro aus öffentlicher Förderung, privaten Spenden und Stiftungsgeldern. Manches Unternehmen unterstützt Wellcome, weil sich die Angebote potenziell auch an die eigenen Beschäftigten wenden. 2007 wurde Volz-Schmidt von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und dem Wirtschaftsmagazin Capital zum „Social Entrepreneur“ des Jahres gekürt.

Kanzlerin Merkel findet Volz-Schmidt vermutlich auch deshalb gut, weil sie drei Ideen kombiniert, die einem modernen Konservatismus der Christdemokratie entgegenkommen: Wellcome ist familienfreundlich, wirtschaftsorientiert und lebt von bürgerschaftlichem Engagement vieler Ehrenamtlicher.

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Wellcome – die Firma

Mit rund 2.500 Mitarbeiterinnen unterstützt Wellcome jährlich etwa 3.500 Familien, die ein neugeborenes Kind zu versorgen haben. Für fünf Euro pro Stunde bietet die gemeinnützige Sozialfirma Babysitten, Einkaufen und andere Alltagsdienste an. Vertreten ist Wellcome unter anderem in den Städten und Regionen Bielefeld, Essen/ Dortmund/ Ruhrgebiet, Köln, Rhein-Neckar, Stuttgart, Freiburg, Bodensee/ Leutkirch, München, Frankfurt/ Franken, Nordhessen, Dresden, Berlin, aber auch in vielen ländlichen Gegenden.

www.wellcome-online.de