FDP bewegt sich in Verhandlungen mit Union. Regierung erwägt, eine Lohnuntergrenze in das Zeitarbeitsgesetz aufnehmen
Das Datum des 1. Mai 2011 treibt die Regierung um. Dann dürfen Arbeitnehmer aus den osteuropäischen EU-Staaten ohne Beschränkungen in Deutschland arbeiten. Davor hat die Union Angst: Polnische oder litauische Beschäftigte könnten mit billigen Löhnen einheimische Arbeitskräfte verdrängen. Deshalb steigt der Druck auf Union und FDP, für die besonders betroffene Branche der Leih- und Zeitarbeit einen Mindestlohn zu definieren, der nicht unterschritten werden darf.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) befürwortet einen solchen Mindestlohn. „Wir wollen verhindern, dass über ausländische Tarifverträge Lohndumping zu uns transportiert wird“, sagte sie gegenüber der Braunschweiger Zeitung. Und auch der liberale Koalitionspartner verweigert sich diesem Ansinnen neuerdings nicht mehr komplett. „In einem Gesamtpaket, das die Interessen aller Koalitionspartner berücksichtigt, könnte auch die Frage der Lohnuntergrenze beantwortet werden,“ sagte FDP-Fraktionsvize Heinrich Kolb gegenüber dieser Zeitung.
Bislang hatte die FDP die gesetzliche Festlegung weiterer Mindestlöhne abgelehnt. Die neue Kompromissbereitschaft ist ein Zugeständnis an die Union, die beim Mindestlohn für Zeitarbeiter nicht locker lässt.
Die Koalition erwägt nun, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu ändern. Dieses regelt unter anderem die Lohnfindung in der Branche der Leih- und Zeitarbeit. Die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände haben sich inzwischen auf eine gemeinsame Lohnuntergrenze geeinigt: 7,79 Euro pro Stunde in Westdeutschland, 6,89 Euro im Osten. Sollte dieser Mindestlohn politisch bestätigt werden, dürfte keine Zeitarbeitsfirma in Deutschland ihre Beschäftigten schlechter bezahlen – auch nicht, wenn sie aus dem Ausland kommt.
Die Liberalen schlagen außerdem vor, dass Leiharbeiter nach einer Vertragsdauer von sechs Monaten den üblichen Lohn der Branche erhalten müssen, in der sie beschäftigt sind. Heute bekommen die befristeteten Beschäftigten beispielsweise in vielen Metallbetrieben weniger Geld, als ihre festangestellten Kollegen.
Der Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche würde vor allem die Beschäftigten der unteren Lohngruppen schützen. Dies betrifft etwa 180.000 von 700.000 Leiharbeitern in Deutschland. Ohne eine Regelung würde die Konkurrenz unter anderem bei schlecht bezahlten Aushilfstätigkeiten wie dem Einpacken von Regalen in Supermärkten ab Mai 2011 stark zunehmen.