Stadtplaner helfen Sprit zu sparen

Weil die Mobilitätskosten steigen, ziehen mehr Menschen in die Städte

Steigende Energiekosten werden dazu beitragen, dass künftig mehr Menschen in Städten leben. Das nimmt Klaus Beckmann, der Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik, an. „Auch deshalb dürfte die Besiedlung der Peripherie in Deutschland zurückgehen.“

Schon seit Jahren ist zu beobachten, dass das Wohnen in der Stadt wieder attraktiver wird. Für diese Entwicklung stehen Stadtteile wie Vauban und Rieselfeld in Freiburg, das Französische Viertel in Tübingen oder die geplanten Quartiere rund um das Gleisdreieck in Berlin.

Bürger mit solidem Einkommen, Singles, aber auch junge Familien zieht es nicht mehr so stark in´s Einfamilienhaus auf´s Land, weil sich die Lebensbedingungen in vielen Städten deutlich gebessert haben. Nur selten gibt es in der Nähe zu Wohnvierteln noch Industrieunternehmen, die ihre Umgebung spürbar mit Abgasen, Abwasser oder Krach belasten. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel – aber stärkere Umweltauflagen haben die Emissionen doch erheblich verringert. Und ein Teil der dreckigen Industrie hat nicht nur die Städte, sondern gleich das Land verlassen.

Parallel dazu nimmt mindestens hier und da die Belastung durch den Autoverkehr ab. Außerdem bemühen sich die Stadtplaner, den Bürgern attraktive Angebote für das Wohnen in der Stadt zu machen. Dies reicht von bezahlbarem Bauland über vielfältiges Kulturleben bis zu Kinderbetreuung.

Diese Motive würden künftig durch ein weiteres verstärkt, sagt Stadtforscher Beckmann: „Das Bewusstsein nimmt zu, dass Verkehr nicht umsonst ist. Viele Menschen werden die vermeintliche Notwendigkeit zur Mobilität zunehmend kritisch reflektieren.“ Ein Beispiel: Berufspendler, die auf dem Land wohnen und in der Stadt arbeiten, geben oft mehrere hundert Euro monatlich für Benzin aus. Dieses Geld kann man auch in eine teurere Eigentumswohnung im Zentrum investieren. Unter dem Strich steigen die Lebenshaltungskosten möglicherweise nicht, aber man gewinnt Zeit, die man sonst mit Autofahren zugebracht hätte.

Die Stadtplanung wird diesen Prozess unterstützen. „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ lautet das Motto. Dahinter stehen mehrere Notwendigkeiten. Zum einen verfügen viele Städte über freie Flächen – nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch im Westen. Industriebetriebe wurden geschlossen oder Kasernen abgerissen. Auch die Bahn braucht oft weniger Platz.  

Im Übrigen wirkt der demografische Wandel, die Bevölkerungszahl stagniert oder schrumpft. Da ist es für die Stadtkämmerer und kommunalen Unternehmen mitunter günstiger, mehr Menschen auf engem Raum zu versorgen, als teure Wasser- und Gasleitungen in die Außenbezirke zu unterhalten, die durch die Gebühren der wenigen Anwohner nicht mehr zu finanzieren sind. „Nicht nur die Metropolen könnten deshalb künftig wachsen, sondern auch mittlere und kleinere Städte“, sagt Beckmann. Das Land jedenfalls wird leerer.

Info-Kasten: Der ölfreie Haushalt

Über 90 Prozent des geförderten Erdöls werden weltweit verbrannt – das meiste in Motoren und Heizungen. Aber auch ein kleiner Restposten von unter zehn Prozent ist extrem wichtig. Daraus stammen fast alle Kunststoffe, die uns täglich umgeben – in Form von Autoteilen, Küchengeräten, Bettdecken, Rucksäcken, Möbeln und vielem mehr.

Wer eine Zukunft ohne Erdöl anpeilt, muss sich folglich auch Gedanken darüber machen, wie man ohne Plastik auskommen kann. Die österreichische Familie Krautwaschl in Graz nimmt diese Herausforderung seit einigen Jahren ernst. Vieles, was aus Erdöl hergestellt wurde, haben die Eltern und ihre drei Kinder aussortiert. Zum Fototermin vor ihrem rustikalen Haus bauten die Krautwaschls eine farbenfrohe Halde aus Kunststoffprodukten auf – vom Fahrrad über die Gartenstühle, die Regenbekleidung bis zur Skiausrüstung.  

Wer so konsequent sein will, muss auch zum Verzicht bereit sein. Manche Plastikprodukte kann man zwar relativ mühelos einsparen, etwa die Tüte beim Einkaufen. Doch schon bei Elektrogeräten wird es schwierig. Auch im Geschirrspüler steckt Kunststoff. Also das Geschirr für eine fünfköpfige Familie per Hand abwaschen? Und was ist mit Skifahren? Diese Sportart kann wohl vergessen, wer keinen ölbasierten Kunststoff mehr verwenden will.

Auch Musik wird zum Problem. CD-Player, iPod, Keyboard, E-Gitarre? Ohne Plastik ist vieles unmöglich oder mindestens sehr teuer. Partielle Rettung bringt da ein Pionierunternehmen aus der Nähe von Heilbronn. Tecnaro hat einen Bio-Kunststoff auf der Basis von Lignin entwickelt – das ist der Stoff, der Pflanzenfasern zu Holz werden lässt. Das gut formbare und sehr feste Material eignet sich beispielsweise, um Blockflöten herzustellen. Ein wichtigerer Markt für Tecnaro allerdings sind Autozulieferer. Trotzdem: Kunststoffe ohne Öl – diese Entwicklung steht noch ganz am Anfang.